Dass das Betriebsgebäude, das sich Gantner Instruments
am Ortsrand von Schruns haben bauen lassen, eines sein muss,
das mit der Firma mitwachsen kann, war eine Bedingung,
die Lang Vonier Architekten kreativ aufgegriffen haben.

Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Petra Rainer

Die Mess- und Prüfsysteme, die Gantner Instruments austüftelt, baut und in alle Welt exportiert, könnten auch in einem ganz „normalen“ Industriebau entstehen. Tun sie allerdings ganz bewusst nicht, ist ihr Chef Werner Ganahl doch ein Mensch, der nicht nur gute Architektur liebt, sondern auch fest davon überzeugt ist, dass die Qualität eines Arbeitsplatzes Ausdruck der Wertschätzung den Mitarbeitern gegenüber bedeutet, was sich letztlich nicht ganz uneigennützig positiv auf deren Motivation auswirkt. Wobei das am Rand von Schruns auf die grüne Wiese gestellte Betriebsgebäude schon rein äußerlich zeichenhaft stark daherkommt. Machen doch gerade die Hüllen der in mehreren Baustufen entstandenen Firmenzentrale diese zu etwas ganz Besonderem.

Dass das Gebäude eines werden soll, das mit der Entwicklung der 1982 gegründeten Firma mitwachsen können muss, war bereits 2014 klar, als die Schrunser Lang Vonier Architekten mit dessen Planung beauftragt wurden. Angelegt als langer und schmaler, in Stahlbeton errichteter Zweigeschoßer, dessen großzügig gläsern aufgelöster schwarzer Fassade weiß eloxierte Aluprofile vorgesetzt sind. Sie sind unterschiedlich breit und lang, um in einer rational nicht nachvollziehbaren Ordnung horizontal den Baukörper zu umarmen.

Die Idee, den bereits 2016 um drei Achsen verlängerten Baukörper aufzustocken, wurde bald wieder verworfen, als es vier Jahre später um eine neuerliche Erweiterung des Betriebsgebäudes von Gantner Instruments gegangen ist. Um stattdessen ostseitig an den Bestand ein Gebäude mit einem fast quadratischen Grundriss anzudocken. Abgepuffert im ersten Obergeschoß durch eine zarte, aus Beton, Alu und Glas konstruierte Brücke. Das „alte“ Gebäude ist zwar vier Mal länger als das neue, das dafür ein Geschoß mehr hat. Um auf diese Weise, obwohl seine Seitenlänge von 13,3 Metern exakt jener der Schmalseite des Bestandgebäudes entspricht, als singuläres Kopfgebäude daherzukommen, nicht zuletzt auch deshalb, weil es leicht verschoben zu Bauteil Nr. 1 gesetzt wurde.

Unterstützt wird diese selbstbewusste Andersartigkeit noch durch eine Hülle, die raffiniert in Konkurrenz zur Nachbarschaft tritt. Was da mit grafischer Geradlinigkeit punktet, löst sich dort in durchsichtiger textiler Verhüllung auf. Die in einigem Abstand vor den Fassaden in metallene Formrohre eingehängten Vorhänge sind horizontal in drei Ebenen um den Baukörper gelegt und machen so aus dem eigentlichen Dreigeschoßer einen die eigentlichen Geschoße auflösenden virtuellen Viergeschoßer inklusive Sockel aus Sichtbeton. Die feine Durchlochung der Membran lässt diese von außen sehr dicht daherkommen, um andererseits von innen ganz licht und als angenehmer Licht- wie Sichtschutz wahrgenommen zu werden. Er ist mit unzähligen weißen, unterschiedlich großen Punkten bedruckt, die sich mit zunehmendem Sehabstand mehr und mehr zu Luftbildern der Gegend rund um Schruns verdichten. Die Idee zu dieser je nach Wetter, Tages- und Jahreszeit sich wandelnden poetischen Gebäudeverhüllung stammt vom Vorarlberger Grafikbüro „Sägenvier“.

„Das Betriebsgebäude war von allem
Anfang an als eines angelegt,
das mit der Firma wachsen kann.“

Werner Ganahl
Bauherr

Weitaus weniger spektakulär gibt sich das Betriebsgebäude von Gantner Instruments in seinem Inneren. Der Haupteingang ist unter der weiten Auskragung von Bauteil eins eingenistet. Die Stiege, die in das Obergeschoß führt, setzt sich mittig in einer breiten Erschließungszone fort, die etwa am Beispiel eines hier stehenden Billardtischs, eines Bücherregals oder einer Bar zeigen, dass hier nicht nur gearbeitet, sondern auch gespielt und gechillt wird. Dass Hausherr Werner Ganahl flache Hierarchien in Sachen Mitarbeiterführung mag, zeigt sich wiederum darin, dass das Chefbüro nur eines von mehreren ist. Die drei Geschoße des neuen, mittig durch Oberlichten mit Licht versorgten Bauteils werden durch zwei zentral gelegene einläufige Treppen erschlossen. Die Büros, Besprechungsräume sowie der große Konferenzsaal sind im Gegensatz zu jenen im „alten“ Haus zur Mitte hin raumhoch verglast und mit schallschluckenden Teppichböden ausgelegt. Im Erdgeschoß sind dagegen die Werkstätten und Prüfräume eingerichtet, inklusiv eines Zugangs für den An- bzw. Abtransport schwerer Materialien und Werkstücke.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Haus auf der Fluh, Bregenz
Bauherr privat
Architektur Gmeiner & Miatto Architekten, Hard; www.gmeiner-miatto.com
Fachplanung Bauphysik: Künz, Hard
Planung 01/2017 – 04/2018
Ausführung 04/2018 – 04/2019
Grundstücksgröße 1116 m²
Nutzfläche 196 m² Haupthaus + 80 m² Einliegerwohnung
Keller 97 m²
Bauweise Massivbauweise, Mineralwolledämmung mit Holzschirm und teilweise Schiefer belegt. Innenwände massiv mit Kalkputz; Böden, Parkett und geschliffener Estrich; Heizung: Luftwärmepumpe mit Fußbodenheizung
Besonderheiten Mehrgenerationenhaus; Fassade in Eigenregie vom Bauherrn ausgeführt
Ausführung Baumeister, Verputz: Burtscher, Bregenz; Erd-, Kanal- und Pflasterarbeiten: Ponik, Kennelbach; Elektrik: Kirchmann, Langen; Sanitär: Dorfinstallateur, Wolfurt; Tischler: k_m, Bregenz; Fenster: Schwarzmann, Schoppernau; Ofenbau, Fliesen: Büchele, Hard; Spengler: Lindsberger, Bregenz; Estrich: Fischer, Hard
Energiekennwert 41 kWh/m² im Jahr (HWB)