Die Mittelschule in Sulz-Röthis war für zeitgenössische Pädagogik ungeeignet, sowie ein schall- und bautechnologischer Sanierungsfall. Das Büro architektur.terminal hackl klammer erkannte ihre Quali-täten und modernisierte sie mit wenigen gezielten Maßnahmen. Die breiten Gänge der klassischen Hallenschule eignen sich gut für Sonderunterricht, ein zeitgemäßes Materialkonzept macht das Innere hell und ruhig. Außen strahlt die Schule weiß und der Arkadengang wirkt fast ein wenig italienisch.

Text Isabella Marboe · Fotos Stefan Hauer

Die Mittelschule in Sulz-Röthis sah nicht mehr gut aus. Sie war nach der Industrienorm getaktet, ihre Fassadenpaneele trugen ein seltsam verblichenes Senfgrün, die Fensterbänder waren von dunkelbraunem Metall und vertikalen Lisenen aus demselben Material eingefasst. Üppig wucherte ein Efeuteppich über die stirnseitige Fassade. Die Schule ist ein Kind der fertigteilfreudigen 1980er Jahre und liegt sehr schön am Ortsrand. Sie ist auf drei Seiten von Wiesen und Feldern umgeben, im Osten verläuft die Rheticusstraße am Rand von Einfamilienhäusern. Hier ist die Zufahrt, Bäume säumen den Vorplatz, der ohne Autos sehr schön sein könnte. Die Schule bildet nämlich mit der Turnhalle, die normal auf ihre Eingangsfront steht, einen L-förmigen Baukörper, der den Parkplatz im Süden und Osten rahmt, wo er dem Eingang gleichermaßen einen Teppich ausrollt. Der umlaufende, eingeschoßige Arkadengang auf Stahlbetonstützen könnte den Platz zur Piazza adeln. Hier stehen plaudernde Schüler und Schülerinnen bei Regen im Trockenen und bei Hitze im Schatten beim Eingang. Auch die Lehrer(innen)- und Elternschaft schätzt den Vorbereich zwischen draußen und drinnen. Der Platz mit den Arkaden macht die Schule mit Bibliothek und Tagesbetreuung zu etwas Besonderem und schafft ein Stück Urbanität in der ländlichen Umgebung. Das steht einer öffentlichen Bildungseinrichtung gut.

Die Mittelschule brauchte zusätzliche Räume für neue Unterrichtsformen, eine größere Bibliothek, musste bauphysikalisch, sicherheits- und haustechnisch, sogar statisch aufgerüstet und barrierefrei werden. Das Büro architektur.terminal hackl und klammer ließ sich vom tristen Erscheinungsbild nicht irritieren und erkannte die Stärken des Bestands. „Wir wollten möglichst viel von der Grundstruktur erhalten“, sagen die Architekten. „Die Frage war, wie schafft man es, eine klassische Hallenschule für die neuen Anforderungen zu adaptieren?“ Die Architekten setzten einige gezielte Maßnahmen mit großer Wirkung: Ein zeitgemäßes Farb- und Materialkonzept wirkte Wunder. Das generalsanierte Gebäude ist weiß verputzt, der Arkadengang leicht von der Wand abgesetzt, das ganze Gebäude wirkt einladend, freundlich und leicht.

„Wir wollten möglichst viel von der Grundstruktur erhalten. Die Frage war: Wie schafft man es, eine klassische Hallenschule für die neuen
Anforderungen zu adaptieren?“

Dieter Klammer
Architekt

Es gibt ein nachhaltiges Energiekonzept mit Hackschnitzelanlage, Solarkollektoren und ein neues Innenleben. Es brauchte keinen Container, alles geschah in den Ferien. Die Mittelschule ist rund um eine dreigeschoßige, quadratische Aula mit Oberlicht organisiert. Im Erdgeschoß sind alle öffentlichen Funktionen: rechts vom Windfang die Garderobe, links die Bibliothek. Sie wurde um eine Fensterachse südwärts erweitert und rundum verglast. Das öffnet sie zum Platz und bringt viel Licht. Es gibt neue Möbel, die zugleich Staufläche und Sitzmöglichkeit sind, alle Regale stehen frei auf dem roten Teppichboden. In Kombination mit der abgehängten Decke sorgt er für die Atmosphäre der Ruhe, die man beim Lesen braucht.

An die zweihundert Kinder besuchen die Schule, im ersten und zweiten Stock reihen sich die Klassen an zwei Gängen um die Halle aneinander. Alle rechteckig, von einer Seite von den Fensterbändern belichtet, die nach Westen und Osten orientiert sind. Der Filz an den gangflanierenden Wänden, der die Akustik verbessert, ist nun rot. Raumhohe Glaselemente neben den Klassentüren sorgen für Durchlässigkeit zu den Gängen. Die Räume im Bestand sind so klug unterteilt, umgeschichtet und neu organisiert, dass man den acht Stammklassen die zusätzlich benötigten Gruppenräume zuordnen konnte, die breiten Gangflächen eigenen sich gut für zwanglosen Austausch und freien Unterricht. Auch in den Klassen liegt nun roter Teppich am Boden, Holzfenster mit Isolierglasscheiben bringen Licht, Ausblick und die geforderten Wärmedämmwerte.

Die dreigeschoßhohe Aula ist das Herz der Schule. Das Oberlicht macht sie sehr hell, der Anstrich der Geländer und die Pflanztröge wurden erneuert, im Erdgeschoß gibt eine Bühne, am Boden liegt nun ockerfarbener Kunststein. Die im Westen angrenzenden Räume sind raumhoch verglast. Hier wird Essen ausgegeben, steht ein Tischfußballtisch und findet die Tagesbetreuung statt. „Das Raumklima hat sich sehr verbessert, die Aula bewundern viele“, sagt Schulwart Renée Sonderegger. „Die Schüler und Schülerinnen haben eine große Freude.“ Auch sein Büro, das früher eine „Dunkelkammer“ war, ist nun hell, in der Bibliothek gibt es viele Lesungen. Sonderegger: „Die Schule ist nun wieder ein g’höriger Renner.“

Eine Baukulturgeschichte von VAI.

Das vai ist die Plattform für Architektur und Baukultur in Vorarlberg. Es bietet eine Bibliothek, Aus-stellungen, Veranstaltungen und Vor-Ort-Termine in den Gemeinden: Mehr Infos auf www.v-a-i.at