Das alte Pfarrhaus ist eines der drei „Simma“-Häuser des Baumeisters Ebenhoch,
die im Zentrum von Weiler ein historisches Ensemble bilden. Abgewohnt
und ungedämmt war es ein klarer Fall zur Sanierung. In enger Zusammenarbeit
mit dem Bundesdenkmalamt haben es stemmerarchitekten sorgfältig renoviert.
Neues Dach, neue Fenster, neue Fassade, Böden, Kassettendecken,
Täfer im Inneren. Als architektonisches Kleinod fügt sich das Pfarrhaus
wieder harmonisch ins Ensemble und wird begeistert genutzt.

Autorin: Isabella Marboe | Fotos: Cornelia Hefel

Kirche, Pfarrhaus, Gasthaus: Diese bauliche Dreifaltigkeit ist der Kern aller gewachsenen Orte in Österreich. Die Pfarrkirche in Weiler wurde 1876 eröffnet. Ringstraßenarchitekt Friedrich von Schmidt, von dem auch das neugotische Wiener Rathaus ist, hat sie geplant. Kirche, Friedhof und Pfarrhaus stehen unter Denkmalschutz. Letzteres wurde im Jahr 1893 vom Zimmerer- und Baumeister Josef Simon Ebenhoch aus Klaus errichtet. Er baute auch das Arzthaus und das Wohnhaus Reisegger. Diese drei „Simma“-Häuser bilden ein reizvolles Ensemble, im Ort gibt es noch ein viertes Haus dieses Zimmerers.

Das Pfarrhaus hat zwei Geschoße und einen Dachboden unterm Krüppelwalmdach, seine Wände sind gr0ßteils holzgestrickt. Es war stark abgewohnt, nicht gedämmt und haustechnisch komplett veraltet. Die Diözese Feldkirch und der Pfarrkirchenrat beauftragten das Büro stemmerarchitekten mit der Generalsanierung. Das Architektenpaar Roland und Gerda Stemmer ist in der Pfarre aktiv, es nahm sich Zeit für Beratung und Begleitung der Bauherrschaft, legte Wert auf ökologische Baustoffe, Nachhaltigkeit – und hielt dabei das Budget ein. „Das hat uns sehr beeindruckt“, resümiert Kurt Ludescher stellvertretend für den Pfarrkirchenrat. „Wir sind stolz auf unser Pfarrhaus, das nun in neuem Glanz erstrahlt.“

Zwischen Holzwand und Fassade zogen stemmerarchiteken eine Hinterlüftungsebene mit diffusionsoffener Dämmschicht ein. „Wir haben die gesamte Hülle erneuert, Fensterläden getauscht, neue Schallschutzfenster eingesetzt. Es war sehr viel Detailarbeit.“ Alles erfolgte in Absprache mit dem Bundesdenkmalamt und der Diözese Feldkirch. Das Haus wurde befundet, schadhafte oder fehlende Stellen wurden ergänzt, Farben rekonstruiert. Die lasierten Lärchenschindeln sind nun ockerbraun, die Fensterläden etwas dunkler, die Parapete etwas heller. Sechs Stiegen führen hinauf zum Portal aus dem Jahr 1893. Es liegt in einer tiefen Nische, deren Holz mit kunstvoll geschnitzten Rosetten verziert ist und es wurde sorgfältig restauriert. Auch die Eingangshalle ist beeindruckend. Der Steinboden aus diagonal verlegten, schwarz-weißen Steinen, die Türen mit den schlichten Schnallen, die zweiläufige Holztreppe am Ende des zentralen Erschließungsflurs: Alles blieb erhalten.

„Wir haben die gesamte Hülle erneuert,
Fensterläden getauscht, neue Schallschutzfenster eingesetzt.
Es war sehr viel Detailarbeit.“

Roland Stemmer und Gerda Stemmer
Architekt und Architektin

120 Jahre bewohnte der örtliche Pfarrer das ganze Haus, heute sind im Erdgeschoß Büros, Hochwürden lebt im ersten Stock, das Dachgeschoß hat noch Raumreserven. Es wurde mit viel ehrenamtlichem Einsatz geleert. Alles, was keinen Platz fand, hatte man dort seit Jahrzehnten deponiert. „Ich weiß gar nicht mehr, wie viele Container wir entsorgt haben“, sagt Stemmer. Dafür trat hinter dem Täfer der Werkstatt im Keller eine Natursteinmauer zu Tage. „Das haben wir erst im Zug der Bauphase entdeckt.“ Diesen urchristlich anmutenden Raum möblierte man mit einer Tafel für bis zu zwölf Personen. „Wenn es etwas zu feiern gibt, sitzen wir sehr gern hier.“

Der Grundriss ist klar organisiert. Gleich beim Eingang zur Linken liegt die Pfarrverwaltung. Ein schöner, fast quadratischer Raum mit Fischgrätparkett, Holzkassettendecke, Täfer. Durch das Fenster im Westen sieht man, wer kommt, die zwei Fenster im Norden haben die Kirche im Blick. Hier können einander zwei Personen an ihren zusammengerückten Schreibtischen gegenübersitzen, jede hat ein Fenster. In den Amtsstunden arbeitet Pfarrsekretärin Jacqueline Haller hier. Unterm Herrgottswinkel im Eck steht ein Tisch, auf dem Kasten ein Engel. Überall stößt man auf religiöse Gemälde und Kunstwerke.

In der Teeküche kam Linoleum auf den Boden, die Bugholzstühle stammen vom Fundus aus dem Dachboden, am Tisch beim Fenster stehen sonnengelbe Blumen. Gaby Ender, die Vorsitzende des Pfarrgemeinderats, bringt fast täglich einen frischen Strauß. „Die meisten Entscheidungen wurden einstimmig getroffen“, sagt sie. „Früher haben die Erstkommunionskinder im ersten Stock immer ein Frühstück bekommen.“ Es ist gut, dass das Pfarrhaus weiter besteht. Rechts vom Eingang ist der Besprechungsraum mit dem großen Tisch für Bibelrunden, Pfarrgemeinderatssitzungen u. Ä. Dahinter hat der Pfarrer sein Büro. Nun bilden alle „Simma“-Häuser wieder ein harmonisches Ensemble und sind ein Gewinn für den Ort.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Pfarrhaus Weiler
Bauherr Römisch-Katholische Pfarrpfründe Weiler zum göttlichen Herzen Jesu Weiler
Architektur/Bauleitung stemmerarchitekten, Götzis, www.stemmerarchitekten.at
Statik Hämmerle-Huster, Bregenz, www.hagen-huster.at
Fachplanung Energie: Koller-Partner, Bregenz; Bauphysik Spektrum, Dornbirn
Planung Sommer 2018–03/2019
Ausführung 03/2019–12/2019
Grundstücksgröße 684 m²
Nutzfläche 272m²
Bauweise Holzstrick; Stiegenhaus Holzriegel
Besonderheiten Enge Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt, der Diözese Feldkirch und dem Bauausschuss der Pfarre
Ausführung Baumeister: Wilhem&Mayer, Götzis; Holzbau: Reinhard Bischof, Schwarzenberg; Dach: Sandholzer, Koblach; Heizung, Sanitär: Hörburger, Altach; Böden: Rene Bechtold, Weiler; Schlosser: M+S, Röthis; Maler: Fetzcolor, Alberschwende; Stein: Fessler, Hard; Fenster, Innentüren: Engstler, Dalaas; Täfer: Anton Kräutler, Koblach; Verputz: Kratzer, Röthis; Spengler: Würbel, Rankweil
Energiekennwert 89 kWh/m² im Jahr (HWB)
Baukosten 650.000 Euro