Manchmal sind es die einfachen Dinge, die große Freude machen.
Aus einem verglasten Abstellraum in der Neuen Mittelschule Hasenfeld in
Lustenau ist ein Schulcafé mit Atmosphäre entstanden.

Autorin: Verena Konrad | Fotos: Lukas Hämmerle, Petra Rainer

Essen zubereiten, anrichten, dabei kommunizieren. Die Schulgemeinschaft bekommt lokal zubereitetes Essen.
Flexibilität für die Vielfalt der Anlässe: Neben dem Alltag als Schulcafé kann hier auch gelernt und gespielt, gefeiert oder konferiert werden.

Der Alltag in den Schulen hat wieder begonnen. Mit Auflagen, viel Aufmerksamkeit, auch Sorgen. Die Schulgemeinschaften haben gerade besonders viel zu leisten. Auf ihnen lastet nicht nur der Druck, Bildungsziele zu erreichen, sondern auch der, kein Risiko für andere zu sein, Ansteckungen zu vermeiden. Schule im Jahr 2020 fühlt sich anders an. Dabei hat „Schule“ immer schon viel geschultert. Kinder auf das Leben vorbereiten und dabei das Leben im Hier und Jetzt nicht vergessen, lernen sich in Gruppen zu bewegen, sich zu behaupten und für andere da zu sein und eben auch lernen, was gelernt werden muss: lesen, schreiben, rechnen, musizieren, werken und gestalten, das Wissen der Welt. Der Alltag einer Schule spielt sich nicht nur in Klassenräumen ab. Seit Jahren schon nimmt Vorarlberg eine sehr erfreuliche Entwicklung in der Gestaltung von Lern- und Bildungsräumen ein. Dabei gewinnt die Verzahnung mit gesellschaftspolitischen Fragestellungen und die Einbettung der Schule in einen gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang immer mehr an Bedeutung, auch in der Architektur.

Ankommen und verweilen. Das Schulcafé ermöglicht ein kurzes Innehalten im Schulalltag.
Eine Lounge mit gemütlichen Möbeln, hochwertigen Textilien und Farbe schafft wohnliche Atmos-phäre.

Ganztagesmodelle und außerschulische Aktivitäten verlangen dem Schulgebäude als Infrastruktur immer mehr Funktionen ab. Mittlerweile bietet fast jede Schule in Vorarlberg auch die Möglichkeit von Mittags- und Nachmittagsbetreuung an. Eine Entwicklung, die mit der Erwerbstätigkeit in den Familien zusammenhängt, aber nicht nur. Zusammensein mit Gleichaltrigen, qualitätsvolle Angebote für Spiel und Lernen machen die Schule zum attraktiven Ort außerhalb der fixen Zeiten. Auch das Mittagessen in der Schule gehört für viele Kinder bereits zum Alltag. Bei Neubauten ist dieses Angebot immer auch schon Teil der Planungen. Für Bestandsgebäude ist ihre Integration oft eine große Herausforderung.

„Wir wollten einen Ort für die Schulgemeinschaft gestalten,
in dem die Mittagspause in entspannter,
vom Schulalltag abgekoppelter Atmosphäre stattfinden kann.“

Berktold Weber Architekten
Architekten

Gemeinsam zu essen stiftet Beziehungen. Umso wichtiger sind die Räume für Mittagstische in den Schulen. Hier wird gegessen, kommuniziert, gespielt und doch auch wieder gelernt – in einer Umgebung, die Entspannung und Freude fördert. Licht und Luft sind wichtige Parameter wie die Möglichkeit, diese Räume auch flexibel umgestalten zu können – für kleine Feiern, größere und kleinere Tischgemeinschaften oder Elternabende. Die neue Mittagsbetreuung in der Neuen Mittelschule Hasenfeld ist Teil eines Gesamtkonzepts zu Lustenaus Lern- und Spielräumen. Mit im Team waren neben den Archi­tekten Helena Weber und Philipp Berktold, Michaela Müller von der Abteilung für Bildung und Projektleiterin Christina Juen von der Abteilung Hochbau der Ge­meinde, Direktor Gerald Fröhle und die Gemeinderäte Doris Dobros und Markus Schlachter. „Der Mittagstisch ist eine echte Bereicherung für die Kinder, die dort zu Mittag essen und alle anderen Nutzer,“ sind sich die Beteiligten sicher. Das Bestandsgebäude wurde 1991 von den Lustenauer Architekten Quarella errichtet. Es ergänzt die Bildungslandschaft im Ortsteil Hasenfeld, bestehend aus Volksschule, Kindergarten sowie einer gemeinsam genutzten Turnhalle. „Es hat einige Begehungen gebraucht, bis wir entdeckten, welches Potenzial in dem Lagerraum schlummert“, erzählt Susanne Bertsch von Berktold Weber Architekten. „Ursprünglich als Außenraum Richtung Engelbach gedacht, wurde er vor einigen Jahren verglast, jedoch nie richtig ausgenutzt.“ Nun ist der Raum mit nur 125 m2 Fläche ein Schulcafé, lichtdurchflutet durch bodentiefe Fenster, mit Ausblick in den Schulgarten, der auch direkt begehbar ist. Zentrales Element ist eine Küche mit Küchentheke, die durch ihre Verkleidung mit ornamentalen, rotbraunen Zementfliesen subtil Bezug nimmt auf den Grundtonus des Gebäudes und dessen Sichtziegelmauerwerk. Hier wird das lokal zubereitete, hochwertige Essen den Kindern ausgegeben. Die internen Abläufe der Küche sind optimiert und hygienische Standards werden großgeschrieben.

Gemeinschaftsleistung. Für die Planungen war die Einbeziehung von Kindern und pädagogisch und politisch verantwortlichen Akteur(inn)en wichtig.

Eine Loungeecke lädt zum Lesen und Verweilen ein. Die Sitzbänke und Tische sind aus Buchenholz und flexibel stellbar. Die blauen Wände und Vorhänge und die markante Beleuchtung geben dem Ort eine wohnliche Atmosphäre. „Gerade als wir das Schulcafé in Betrieb nehmen wollten, kam Corona.“ erzählt Gerald Fröhle bei der Besichtigung im Sommer. Mittlerweile läuft der Betrieb und das Schulcafé zeigt seine Vielfalt. „Dank der flexiblen Möblierung können wir auch Konferenzen, Elternabende, Veranstaltungen oder offenen Unterricht abhalten.“

ATMOSPHÄRE IM RAUM DURCH LICHT Bodentiefe Fenster und raumprägende Leuchten bringen Licht und Raumstruktur.
MARKANT IM RAUM Die Theke mit ihrer Verkleidung mit ornamentalen, rotbraunen Zementfliesen nimmt Bezug auf den Grundtonus des Gebäudes und dessen Sichtziegelmauerwerk.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Mittagsbetreuung NMS Hasenfeld

Bauherr Marktgemeinde Lustenau

Architektur Berktold Weber Architekten,Dornbirn; www.berktold-weber.com

Statik gbd ZT, Dornbirn; www.gbd.at

Fachplanung Bauphysik: Lothar Künz ZT, Hard; Elektro: Hagen, Lustenau; Heizung, Klima, Lüftung, Sanitär: Künz, Lustenau; Gastro: Klumaier x Tanner, Dornbirn; Bauleitung: huber zt, Lustenau

Planung 11/2018- 07/2019

Ausführung 07/2019 – 12/2019

Nutzfläche 125 m²

Bauweise Thermische Sanierung und Umbau eines ehemals gedeckten Außenraumes

Ausführung Baumeister: Elmar Rhomberg, Dornbirn; Elektrotechnik: Hagen, Lustenau; Haustechnik: Künz, Lustenau; Fenster: Alu-Glas Technik, Lustenau; Schlosser: NEUKO, Lustenau; Trockenbau: Kurzemann, Dornbirn; Fliesen: Fliesenpool, Götzis; Möbel: Rüscher, Schnepfau; Vorhänge: Ludovikus, Lustenau

Fotonachweis S.6: Petra Rainer; alle übrigen: Lukas Hämmerle