Der Bauplatz im Zentrum von Feldkirch war denkbar schwierig.
Knapp acht Meter breit, misst er von Norden nach Süden fast 27 Meter.
Seine östliche Längsflanke grenzt an eine Feuermauer, gegenüber im Westen
führt ein schmaler öffentlicher Weg an der denkmalgeschützten „Pontesegger Villa“ und ihrem Park entlang.
Den Architekten Gohm Hiessberger glückte es,

an diesem Bauplatz ein schlichtes Stadthaus mit acht hellen Wohnungen zu planen.
Vier davon mit Loggia. Hut ab, so geht Nachverdichtung.

Autorin: Isabella Marboe | Fotos: Cornelia Hefel

Das erste Projekt für diesen Bauplatz planten die Architekten Gohm Hiessberger schon 2008, fertig war das Stadthaus in der Churer Straße endlich 2020. Heute wirkt der zurückhaltende, schmale Neubau mit den acht Wohnungen so, als wäre er immer da gewesen. Das ist Goldstandard für ein Stadthaus. Umso mehr, als sein Vorgänger viel kleiner war. Das Grundstück im Zentrum von Feldkirch liegt an einem schmalen Weg zwischen zwei Häusern und einem herrschaftlichen Garten. Im Süden grenzt es an den Unteren Hirschgraben, der hier in die Schillerstraße, eine Hauptverkehrsader, mündet. Vom Osten zieht die Churer Straße nordwärts eine Schlaufe um diese Häusergruppe zwischen Altstadt und Villenviertel, das sich die Ardetzenbergstraße hochzieht. Ein Bankgebäude der 1970er hält an der Kreuzung die Stellung.

Im Jahr 2008 erwarb die Revital Dornbirn die Liegenschaft. Der zweistöckige Bestand wurde abgerissen, um einem viergeschoßigen Wohnbau Platz zu machen. Das Grundstück ist im Süden – Richtung Sonne, Altstadt, Verkehr – gerade 7,68 Meter schmal, im Norden – auf der ruhigeren Seite – hat es 8,84 Meter Breite. Dafür ist es beachtliche 26,5 Meter lang. Seine östliche Längsflanke grenzt an die Feuermauer der Bank, hier gab es weder Tageslicht noch Aussicht für den Neubau. Die westliche Längsseite liegt an einem schmalen öffentlichen Weg, der an ein Baujuwel grenzt. Die Villa Pontesegger des Vorarlberger Baumeisters Seraphin Pümpel stammt aus 1881. Sie ist im Gründerzeitstil reich dekoriert, vor ihrer Schauseite im Norden breitet sich ein großer Garten aus.

Hier zu bauen, war ein Balanceakt auf engem Raum. „Die Belichtung war schwierig“, gibt Architekt Ulf Hiessberger zu. Seit 2008 tüftelten Gohm Hiessberger an einem Projekt mit einläufiger Stiege an der Feuermauer, 2013 wechselte der Bauplatz den Besitzer. Nun gehört er der Alpenländischen Heimstätte, einem sozialen Wohnbauträger. Damit waren die Karten neu gemischt, wieder brauchte das Projekt die Zustimmung aller Anrainer und Anrainerinnen. Villenbewohner(innen), deren Fenster auf den Weg gingen, fürchteten um ihr Tageslicht. Stadtverdichtung braucht Dialog.

„In der Planung steckt unglaublich viel
Detailüberlegung. Wir dachten unter
anderem intensiv darüber nach,
wie wir das Stiegenhaus
optimieren können.“

Ulf Hiessberger
Architekt

„In der Planung steckt unglaublich viel Detailüberlegung. Wir dachten unter anderem intensiv darüber nach, wie wir das Stiegenhaus optimieren können“, sagt Ulf Hiessberger. Es war der gordische Knoten. Die Architekten rückten es etwa in der Mitte des Baukörpers ganz nach hinten an die Feuermauer und konzipierten es als offenes Stiegenhaus. Sein Podest ist auch Laubengang, die Vertikalerschließung mit zweiläufiger Treppe und Lift so komprimiert, dass wegseitig ein offener Freiraum bleibt, der als Lichthof wirkt. Er sorgt dafür, dass das Stadthaus der Villa nicht zu sehr an die Pelle rückt und erzeugt den Eindruck eines Vorder- und Hinterhauses.

Alle Fenster und Loggien eines Geschoßes sind mit einer glatten Putzschicht zu einem horizontalen Band zusammengefasst, die Flächen dazwischen grob verputzt. Eine kleine Verneigung an die Villa. Wohnküche und Nebenzimmer der kleinen Einheiten im Süden sind zu Sonne und Aussicht orientiert, effizient dämpfen Schallschutzfenster den Verkehrslärm. Der eingeschnittenen offenen Stiege haben Arbeits- oder Kinderzimmer ein Fenster zu verdanken.
Die lange Westflanke des Hinterhauses haben den Park der Villa Pontesegger vor sich, dessen Spielplatz alle Kinder nutzen dürfen. Frau E. P. trifft im Stiegenhaus auf Fotografin Cornelia Hefel und bittet sie freundlich herein. Ihre drei Kinder spielen friedlich in der Wohnküche, oft kocht sie für Gäste auf. Auch Bettina K. öffnet ihre Tür. Tochter Mia (3 J.) und Sohn Samuel (9 J.) teilen sich ein Zimmer, die Wohnküche ist hell, die Loggia viel genutzt. „Wir sind zufrieden“, sagt sie. „Es sind nur acht Familien im Haus, Licht ist genug und über den Preis kann man sich überhaupt nicht beschweren.“

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten und Fakten

Objekt Stadthaus Churer Straße, Feldkirch
Bauherr Alpenländische Gemeinnützige Wohnbau, Feldkirch
Architektur Gohm Hiessberger Architekten ZT, Feldkirch, www.gohmhiessberger.com
Statik Mader & Flatz, Bregenz
Fachplanung Brandschutz: K&M Brandschutztechnik, Lochau; Bauphysik: Spektrum, Dornbirn; Baugrunduntersuchung: wpa, Dornbirn; Bauleitung: Dobler, Röthis
Planung 2016-2018 (2008 Vorprojekt)
Ausführung 2018-2020
Grundstücksgröße 268 m²
Nutzfläche 761 m²
Bauweise Massivbauweise (Beton/Ziegel); Gas­heizung/Solaranlage
Besonderheiten klimaakiv „Silber“ zertifiziert
Ausführung Baumeister: Hilti & Jehle, Feldkirch; Dachabdichtung: Ener Dach GmbH; Wärmedämmung, Verputz: Yasin Uzun, Feldkirch; Lüftung, Heizung, Sanitär: Markus Stolz; Bregenz; Fenster: Trefz, Wüstenrot (D); Alufenster und -türen: Wolf, Weiler; Glastechnik: MGT, Feldkirch; Schlosser: MBR, Röthis; Elektro: Dorf-Elektriker Mittelberger, Götzis
Energiekennwert 16 kWh/m² im Jahr (HWB)
Baukosten 1,1 Mill. Euro