Ein historisches Haus in der Innenstadt von Bludenz, der ehemalige „Tscherpa- Tschofa“ ist nun ein Stadthotel. Die Geschichte einer Transformation.

Autorin: Verena Konrad | Fotos: Katja Berger

Das Tschofen, so heißt das neue Stadthotel in der Bludenzer Innenstadt. Sandro Preite, eigentlich als Stukkateurmeister und Unternehmer im Bereich Verputz und Trockenbau nicht nur in Vorarlberg bekannt, ist der Kopf dahinter. Gemeinsam mit seiner Schwester Valentina betreibt er das Hotel seit Dezember 2018. Ausgangspunkt war ein anstehender Verkauf eines historischen Stadthauses in Bludenz. Preite hörte davon. „Ich bin oftmals gegenüber am Nepomukbrunnen gesessen und habe überlegt, was daraus werden könnte. Als ich mir dann fast sicher war, habe ich Ursula und Marcus Ender mit einer Machbarkeitsstudie beauftragt.“, erzählt der Bauherr und Projektentwickler, für den „Das Tschofen“ sein erstes Projekt dieser Art ist. „Der Gedanke, hier nicht nur ein Haus zu revitalisieren, sondern auch die Stadt zu beleben, hat mich nicht mehr losgelassen.“ Auf die Machbarkeitsstudie folgten erste Planungen durch das Atelier Ender. „Das ist das erste Haus am Platz und irgendwie auch das „stille Zentrum“ von Bludenz.

Das Haus ist bauhistorisch und stadthistorisch interessant. In der Vergangenheit hatte es unter anderem den Beinamen „Tscherpa-Tschofa“. Hier wurden Haushaltswaren, konkret Geschirr-und Porzellanwaren, davor Eisenwaren verkauft.“, erzählt Ursula Ender. Heute ist mehr als nur die Erdgeschoßzone belebt. Das war auch Anliegen des Betreibers. „Wir wollten vermeiden, dass hier nur die Erdgeschoßzone genutzt wird und das Haus dann am Abend dunkle Fenster hat und sich damit auch von der Stadt abwendet.“ Zur Idee eines Stadthotels kam es über eine Anregung vom Stadtmarketing. „Auch die Grundrisse des Bestandes haben dafür gesprochen. Wir wollten möglichst wenig in die Substanz eingreifen, andere Nutzungen wären daher auch schwierig geworden und so hat sich die Idee verdichtet.“

Von Außen ist das Haus nicht nur baulich sondern durch seine Malereien markant im Stadtbild verankert. Hier lässt sich Geschichte ablesen, auch die jüngere Geschichte des 20.Jahrhunderts. Durch seine prominente Lage hat es immer stark gewirkt, auch in den 1930er und 40er Jahren. Dazu gibt es historisch viele Dokumente, die auch die Umgestaltung vor, während und nach dem Krieg, auch ideologisch, aufzeigen. Das Stadthaus selbst lässt sich in seinen Grundfesten in die Spätgotik zurück datieren, es folgten mehrere Umbauphasen bis in die heutige Zeit. Der aktuelle Umbau des denkmalgeschützen Bauwerks war mit massiven Eingriffen verbunden. Eine bauhistorische Untersuchung durch Experte Raimund Rhomberg brachte hier Sicherheit im Umgang mit der Substanz, die grundsätzlich gut war. „Die Zusammenarbeit mit dem Denkmalamt war ausgezeichnet. Wir sind hier sehr unterstützt worden, um das Haus einer neuen Nutzung zuführen zu können.“, berichten Bauherr und Architekt|in. „Das Aufwendigste war die nutzungskonforme Erschließung. Dafür musste ein Stiegenhaus ins Haus implantiert werden, was Durchbrüche durch alle Geschoße bedeutete.“, so Marcus Ender. Die Zugänglichkeit war das eine, der Einbau von Sanitäreinheiten das andere. „Früher gab es hier im ganzen Haus nur 1 WC. Wir mussten also schauen, dass wir diese Infrastruktur in alle Geschoße bringen bzw. in jedes Zimmer.“

„Wir wollten das Haus zur Stadt hin öffnen. Es soll Gastfreundschaft ausstrahlen und für Bludenzer, Bludenzerinnen und Gäste da sein“

Sandro Preite
Bauherr

So kompliziert der Umbau war, mit einigen statischen Unwägbarkeiten, so selbstverständlich ist das Ergebnis. Hier wurde nichts zu Tode saniert. Charmante Kuriositäten wie ein kleiner Durchgang wurden beibehalten. Wer heute das Zimmer „Werdenberg“ bucht, fühlt sich beim Eintreten ins Zimmer ein wenig wie bei Alice im Wunderland. Andere Zimmer überraschen mit historischen Vertäfelungen, Malereien. Die Räume sind hell und freundlich, was nicht leicht ist bei einem historischen Stadthaus, denn an den Fensteröffnungen wurde kaum etwas verändert. Licht, Farbe, Mate-rialien sind wie schon bei einigen gastronomischen Vorgängerprojekten des Ateliers Ender wohlbedacht gewählt, strahlen Eleganz aus, aber auch Bodenständigkeit.

Das Restaurant mit Kaffeebetrieb wendet sich der Stadt zu. Raumhohe Verglasungen sorgen nicht nur für Licht im Innenraum, sondern verbinden den Innen- mit dem Außenraum. Das alte Bludenzer Kaffee „Eberle“ ist heute räumlich Teil des Restaurants. „In diesem Raumteil haben wir darauf geachtet, dass wir den historischen Urspungscharakter besonders bedenken. Es war für viele Bludenzer|innen ein wichtiger Ort.“ Künstlerische Arbeiten von Ruth Gschwendter-Wölfle konservieren die Geschichte des Hauses mit einigen Restbeständen aus dem Lager. Und eine dunkelgrüne Verfliesung an der Bar nimmt Bezug auf die Scherben, Tscherpa, die hier einst augenzwinkernd dem Haus seinen Beinamen gegeben haben.

Daten & Fakten

Objekt das Tschofen, Hotel.Restaurant.Bar

Bauherrschaft das Tschofen Immobilienverwaltung GmbH & CoKG – Sandro Preite

Architektur Atelier Ender | Architektur

Statik DI Christian Gantner

Fachplaner Bauphysik: Karlheinz Wille, Frastanz, Elektroplanung: Daniel Brugger, Thüringen, Lichtplanung: Lichtfaktor, Feldkirch

Planung 04/2016- 12/2018

Ausführung 01/2018- 12/2018

Grundstück 354 m²

Nutzfläche 579 m²

Keller 56 m²

Bauweise Historisches Natursteinmauerwerk und Holzbalkende-cken. Teils denkmalgeschützte Stuckdecken, Deckentäfer und Wandverkleidungen. Der bestehende Dachstuhl wurde 1977 erneuert und im Zuge der Revitalisierung ausgebaut und um Gaupen erweitert.

Besonderheit Historische Gebäudestruktur mit Grund-mauern aus der Spätgotik (15. Jhdt)

Ausführung Baumeister: Tomaselli-Gabriel, Nüziders, Zimmerer: Zimmerei Neyer, Bludenz, Ort, Fenster: Manfred Bischof, Thüringerberg, Tischler: Michael Stadler, Lauterach & Elmar Dünser, Thüringerberg & Feuerstein, Nüziders, Schlosser: Markus Gmeiner, Bludenz & Josef Hermann, Satteins, Böden: Tschofen Raumausstattung, Bludenz, Heizung: Wenninger, Bludenz, Elektro: Gerd Dreier, Bürserberg, Maler: Schubl, Bludesch, Restaurator: Pexcoller, Bruneck

Fotonachweis Katja Berger