Das neue Strandbad in Lochau nimmt sich als Infrastrukturbau zurück
und schafft doch einen sozialen und kulturellen Mehrwert.

Autorin: Verena Konrad | Fotos: Adolf Bereuter

Zur Badesaison 2020 fertiggestellt, startet das Strandbad Lochau nun in den zweiten Sommer. Bewährt hat sich der Infrastrukturbau auf vielen Ebenen. Doch zunächst steht er für ein viel größeres, wertvolles Gut: den öffentlichen Zugang zum See.
Erst im Sommer letzten Jahres hat eine laute Bürgerinitiative in Kärnten wieder darauf aufmerksam gemacht. Der freie Zugang zum See ist für Bewohner(innen) und Gäste am österreichischen Bodenseeufer irgendwie normal, doch das ist er anderswo nicht und damit eine große politische Leistung. Viele Seegrundstücke an den österreichischen Seen oder auch am Ufer des Bodensees in der Schweiz oder in Deutschland sind längst verbaut, privat genutzt oder einfach Ware am Spekulationsmarkt, jedenfalls nicht zugänglich. Wer diese Tage etwa am Bodenseeufer in Lochau spazieren geht und das erste Mal die Füße ins kalte Wasser streckt, kann wertschätzen, was hier an Qualität für die Öffentlichkeit erhalten und im Fall des Lochauer Strandbades auch aus-gebaut wurde.

Der schlichte Infrastrukturbau, eingeschoßig, flach und aus Holz, wurde an einem landschaftlich reizvollen Platz am See und doch auch nebst der dicht befahrenen Bregenzer Straße errichtet. Von hier aus gibt es weitläufige Blickbeziehungen Richtung Bregenzer Bucht, Schweizer Bodenseeufer und Lindau. Der kompakte, eingeschoßige Neubau wurde im südlichen Anschluss an den renaturierten Kugelbeerbach positioniert. Hier war auch das Bestandsgebäude schon situiert, nun wurde der Neubau ein paar Meter vom bestehenden Radweg Richtung See abgerückt. Dadurch entstand Raum für ca. 200 Fahrradabstellplätze sowie eine verkehrsberuhigte Situation im Vorbereich des Eingangs.

„Unser Ziel war eine angemessene und somit hochwirtschaftliche Konstruktion, zumal der Holzbau mit der ihm eigenen
Ästhetik jede Verkleidung überflüssig macht.“

Markus Innauer, Sven Matt und Simon Moosbrugger
Innauer Matt Architekten

Sämtliche Funktionen – Kassa, Eingangsbereich, Kiosk, Umkleide, Sanitäranlagen und Spinde – wurden unter einem Dach untergebracht und durch eine überdeckte Erschließungsfläche miteinander verbunden. Eingangsbereich und Kiosk bilden einen Raumverbund, welcher sowohl zum Radweg als auch zum Seeufer hin orientiert ist. Auf der gegenüberliegenden Seite des Haupteinganges befinden sich Umkleide, Nass – und Spind-Bereiche. Sämtliche Bereiche des Strandbades können barrierefrei genutzt werden. Die Besucher(innen) der Gastronomie erhalten einen separaten Zugang zum Freibereich der Gastronomie. Dieser Freibereich ist durch einen leichten Höhensprung sowie Einfriedung niederschwellig vom Freibereich des Strandbades abgegrenzt. Die Zugänglichkeit für Strandbadbesucher zum Kiosk wird über eine Schrankenanlage mit Zutrittskontrolle geregelt.

Die Freibereiche des Strandbades sind zahlenden Gästen vorbehalten. Ein Widerspruch? Mitnichten. Bezahlt wird für Infrastruktur und Service, der Zugang zum See bleibt frei. Die Liegefläche des Strandbades blieb baulich unverändert. Manchen scheint das wenig, doch hier ist der See und die eigene Aktivität Hauptakteur. Gut daran ist vor allem der Schutz des Baumbestandes.

Die Technik ist am Dach gut versteckt und doch erreichbar für die Wartung. So verbergen sich hinter dem verzinkten Stahlgewebe und Schriftzug Geräte und Solaranlage, alles ökonomisch gedacht mit kurzen Distanzen. Der Schriftzug ist markant und schlicht wie das Gebäude selbst und lockt schon von Weitem mit einer gewissen Coolness und Bodenständigkeit. Ab 19. Mai geht es wieder los mit der Badesaison, bis dahin heißt es gesund bleiben und hoffen, dass sich der Beginn nicht durch ein neuerliches Ansteigen von Infektionszahlen verzögert.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen (jetzt wieder geöffnet) und Veranstaltungen bietet das vai monatlich Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Strandbad Lochau
Bauherr Gemeinde Lochau
Architektur Innauer Matt Architekten, Bezau
Projektleitung: Simon Moosbrugger, www.innauer-matt.com
Statik Merz Kley Partner, Dornbirn, www.mkp-ing.com
Fachplanung
Bauleitung:
Flatz & Jäger, Bezau;
Heizung, Sanitär, Lüftung: GMI, Dornbirn;
Elektro: Ludwig Schneider, Egg;
Bauphysik: Günter Meusburger, Schwarzenberg
Planung 09/2018–09/2019
Ausführung 09/2019–06/2020
Grundstücksgröße 760 m²
Nutzfläche 470 m²
Bauweise Holzkonstruktion Fichte, Fassaden und -gitter naturbelassen; Fundamente und Mauern Sichtbeton; begrüntes Schmetterlingsdach; Vertikalschiebefenster und Fensterladen Fichte naturbelassen; Photovoltaikanlage
Ausführung
Baumeister:
Moosbrugger, Lauterach;
Zimmerei: Kaspar Greber, Bezau;
Fenster: Claus Schwarzmann, Schoppernau;
Dach: Carl Günther, Röthis;
Tischler: ReGe, Hard;
Schlosser: H. Simeoni, Andelsbuch;
Fliesen: Bad2000, Nüziders … u. a.