Wo Bergbau auf Maisäß trifft
Mitten im Montafon in Schruns befindet sich ein besonderes Hotel mit ausgedehnten Wellnessbereichen: die „Amrai Suites“. Im Zuge des jüngsten Neubaus erfolgte außerdem die Errichtung eines Verbindungstrakts, in dem sich der Empfang, eine Lobby mit Bar und ein öffentlich zugängliches Restaurant befinden. Alle Gebäude zitieren die Umgebung der Talschaft mit ihren Traditionen und interpretieren sie auf ihre Weise neu.
Text: Klaus Feldkircher | Fotos: Sami Dirani, Christoph Socher
Die Fertigstellung des „älteren“ Teils des Hotelkomplexes mit dem Konzept „Bergbau“ erfolgte 2019 bis 2021. Das „neue“ Gebäude mit der Idee „Maisäß“ mit 43 Zimmern, einem weiteren Spa-Bereich inklusive Infinitypool und Dachgarten war 2023 fertig. Der „ältere“ Teil der Amrai erinnert in seiner Architektur, aber auch in Einrichtung und liebevollen Details an die Zeit, in der im Montafon noch Bergbau betrieben wurde. Forschungen beweisen, dass im Tal von den Kelten und Römern bis ins späte Mittelalter Erze abgebaut wurden. Diese Tatsache nahmen Lukas Schädler und Florian Häusler von Alpstein Architekten in Immenstadt als Inspiration, als sie dieses Hotelprojekt in Angriff nahmen. Entsprechend finden sich zahlreiche Anspielungen auf diese Zeit, besonders im Wellnessbereich, der auf den Stollenbergbau anspielt.


Im „neuen“ Teil, der 2023 fertiggestellt wurde, verfolgen die Architekten ein etwas anderes Konzept. Sie ließen sich durch die zahlreichen Maisäßsiedlungen der historisch gewachsenen Landwirtschaft inspirieren. Diese Maisäßlandschaft prägt die stufenweise Bewirtschaftung der Berghänge und damit das gesamte Landschaftsbild des Tals. Die traditionellen Hüttenansammlungen wurden als Zitat für die Gestaltung und Materialisierung im Neubau verwendet. So wurde eine kleinteilig wirkende Fassade entwickelt, in der jeder Gast sein eigenes Maisäß bewohnt. Die Holzfassade ist schwarz lasiert und erinnert an die sonnenverbrannte Außenhaut der hölzernen Hütten. Im Inneren der Massivholzkons-truktion aus Fichtenholz findet sich der Einsatz von Ornamenten, Emaille-Leuchten, Waschschüsseln und gefliesten Kaminen. Elemente aus der Tracht der Talschaft – auch der männlichen – bilden eine Neuinterpretation der Lebenskultur in den verschiedenen Zimmerkategorien ab.

„Im Verbindungsbau treffen die zwei Welten von Maisäß und Bergbau aufeinander. Als besonderes Element bringt der runde Lichthof Offenheit und Helligkeit in diesen Ort der Kommunikation.“
Lukas Schädler
Architekt

Die Zimmer sind verschieden geschnitten, auch die Einrichtungen unterscheiden sich. So gibt es freistehende Badewannen in schwarzem Look, die an die traditionellen Emaillewannen aus früheren Zeiten erinnern. In einigen Suiten sind Saunen und/oder Dampfbäder als „Private-Spa“ installiert. Auch die Balkone weisen unterschiedliche Größen auf, was jeder der Räumlichkeiten ihren individuellen Charakter verleiht. Im Dachgeschoß des Hauses befindet sich der „Maisäß-Spa“. Im Gegensatz zum Spa-Bereich des „älteren“ Gebäudes ist dieser Bereich hell und mit weiten Ausblicken gestaltet. So, wie ihn ein Maisäß eben bietet. Er besteht aus mehreren Saunen, Ruheräumen und einem frei auskragenden Infinity-Pool. Ein besonderes Highlight dieses Spa-Bereichs ist der Ruheraum, dessen offene Wandverkleidungen mit Heu gefüllt sind und in dem der unverwechselbare Duft der Natur Raum greift.

Über dem Spa-Bereich befindet sich eine begrünte Dachlandschaft, die als Dachgarten benutzt wird. So eröffnet sich ein weitreichendes Panorama der umliegenden Bergwelt des Montafon.Durch den neu errichteten Teil des Hotels verdoppelten die „Amrai Suites“ ihre Bettenkapazität. Der Neubau erforderte Anpassungen im bestehenden Gebäude, was einen neuen Standort für Lobby und Bar nötig machte. Um die Architektur des alten und neuen Baukörpers nicht zu beeinträchtigen, entschieden sich die Architekten für eine unabhängige Gestaltung des Empfangsgebäudes. Der so entstandene Baukörper dient als Treffpunkt und neutraler Vermittler zwischen den Themenwelten der beiden Hauptgebäude. Ein besonderes Highlight ist der Lichthof, der Lobby, Bar und das neue Restaurant „Kupfergrill“ mit Licht und natürlicher Atmosphäre versorgt.

Inspiration bei der Materialwahl dieses Bauteils war auch hier der historische Bergbau. So wurden im Innen- und Außenbereich zahlreiche Kupferelemente eingesetzt, die für eine warme, glänzende Optik sorgen. Auffallend ist weiters die aufwendige Kupferfassade im Außenbereich, die wie ein geöffneter Vorhang wirkt. Die neue Lobby/Bar im Zentrum der Anlage ähnelt so einer Bühne und lädt zum Zusammenkommen ein. Ergänzt wird das Interieur durch heimische Eschen- und Fichtenhölzer, was eine gastliche Atmosphäre schafft. Die hellen Hölzer bilden einen harmonischen Kontrast zu den dunkleren Designelementen. Ein besonderes architektonisches Detail ist die Decke des „Kupfergrills“, die aus 17.000 unterschiedlich langen Stäben besteht. Die Kombination aus Kupfer, Eschenholz, Beton und Granit schafft eine besondere Atmosphäre, die lokale Tradition und moderne Interpretation vereint.

Daten und Fakten
Objekt: Amrai Suites, Hotel, Tourismus, Gatronomie im Montafon
Bauherr: Amrai Suites GmbH, Außerlitzstraße 23, 6780 Schruns
Architektur: Alpstein Architekten, Immenstadt
Projektleitung: Lukas Schädler
Planungsdaten: Planungsbeginn 2021, Fertigstellung 2023
