Ein historisches Stadthaus wurde privat erworben,
saniert und zu einem Stadthotel mit Barküche und Friseurladen umgestaltet.
Profitieren können davon nicht nur zahlende Gäste.

Autorin: Verena Konrad | Fotos: Petra Rainer, Stoph Sauter

Das kleine Stadthotel „BAR10ZIMMER“ hat eines neues Gefühl von Stadt erzeugt, ganz leichtfüßig, mit wenigen Eingriffen. Gleich mehrere Funktionen sind nun neu in dem historischen Stadthaus untergebracht. Hier kann man Gast sein und schlafen, essen, trinken, sich den Bart stutzen lassen, sich im Friseurladen von Christoph Tomann verwöhnen lassen oder sich als Passant an einem neuen Stadtgefühl erfreuen. Wenn nämlich bei Sonnenschein die Stühle vor dem kleinen Lokal stehen, sich plötzlich städtisches Leben an einer Ecke tummelt, die zuvor keine Aufenthaltsqualität hatte, dann ist hier schon ein kleines Kunststück gelungen. Dornbirn hat mit dieser privaten Initiative ein neues Entrée zu seiner historischen Einkaufsstraße, der Marktstraße, und damit einen lang gehegten Wunsch erfüllt bekommen, nämlich das Gefühl für das, was das „Zentrum“ ist, auch ein wenig in diese Achse hin zu verlagern.

Straßenlokal statt Gastgarten Ein Konzept zur Belebung des öffentlichen Raumes mit allen Konsequenzen. Jodok Dietrich sorgt für Gaumenfreuden.
Handwerk in der Stadt. Die wechselnden Nutzungen ermöglichen Bezüge zu handwerklicher Arbeit herzustellen. Im Moment arbeitet hier Friseur Christoph Tomann, der nebenan auch den kleinen Zubau nutzt.
Reminiszenz an vergangene Zeiten Hier holten sich früher Dornbirner(innen) ihr erstes Softeis.

Schon von der Sägerbrücke her schwappt die Atmosphäre dieses an Sonnentagen so lebendigen Ortes auch auf Vorbeigehende- und fahrende über. Die Revitalisierung des Hauses ist eine Privatinitiative eines Dornbirner Ehepaars, das – selbst gern auf Reisen – ein zeitgemäß urbanes Gastronomieangebot auch in der eigenen Stadt realisiert sehen wollte.

„Wir wollten die Inspiration,
die wir von unseren Reisen mitgebracht haben,
an unserem Wohnort verwirklicht sehen.“

Bauherren und Betreibende

Die Barküche – hier gibt es mittags feines Marktgemüse, kleine Gerichte und Potenzial für gute Gespräche in cooler Bar-Atmosphäre.
Mobiliar aus zweiter Hand. Stühle und Tische sind gesammelte Fundstücke mit verschiedenster Herkunft.

Der Hauskauf kam zufällig zustande, als Möglichkeit, die sich bot, verbunden mit dem Wunsch, hier mit einem kleinen Stadthotel und einer Bar, zugänglich nicht nur für Hotelgäste, etwas für die Stadt zu bewegen. Der Bestand, hier war früher eine Bäckerei, viel später eine Trafik untergebracht, war von der Zeit etwas angegriffen, das Stadtbild sollte aber im Wesentlichen unverändert bleiben. So wurde nur erneuert, was erneuert werden musste. Ein gutes Prinzip von Nachhaltigkeit und auch Ausdruck von Gelassenheit.

Die Lage des Hauses, als Teil einer baulichen Struktur von zwei Häusern, die nebeneinanderstehen, die Sichtachse zur Fachhochschule und zur Sägerbrücke, all das inspirierte zu diesen offenen Gesten, wie sie auch Jürgen Krämer beschreibt, der mit seinem Büro für die Projektleitung verantwortlich ist. „Es erschien uns naheliegend, das Erdgeschoß als Barküche und Begegnungsort nach außen hin zu öffnen und für einen fließenden Übergang zu sorgen. Die Stadt erhält hier gewissermaßen ein Gebäude zurück, das die Geschichte auf neue Art weiterführt.“ Wo früher eine alte Garage stand, entstand durch einen zeigenössischen Umbau nun eine neue Einheit. Genutzt wird er als Friseurladen mit hochwertiger Ausstattung.

Um die Ecke kommt der Sitz- bereich für Weingenießer und Gäste, Sehr zu empfehlen: das feine Frühstück, nicht nur für Hotelgäste.
Privatheit für die Gäste. Der Bereich des Stadthotels ist separiert. Hier wurde alles, was ging, belassen, um die Atmosphäre des Bestandes weiterleben zu lassen.

Der Barbetrieb selbst ist reduziert bei höchster Qualität. Auch dahinter steht ein Prinzip, nämlich das von Genügsamkeit. „Wir wollten hier kein Überangebot liefern, sondern uns auf einige wesentliche, dafür gute Dinge konzentrieren. Es gibt eine kleine Karte, dafür sehr ausgesucht. Wir achten auf Regionalität, gute Verarbeitung, qualitätsvolle Produkte. Die Leute sollen sich wohlfühlen. Eine gute Weinauswahl gibt es natürlich auch.“ Das Mobiliar stammt teilweise von Reisen, ist zusammengesammelt, in den funktionalen Teilen ebenso qualitätsvoll reduziert, die Bar ein starkes Element im Innenraum.

Künstler Stoph Sauter prägt das Gebäude mit seinem Schriftzug, der schon von Weitem sichtbar ist und mit einer kuratorischen Bespielung der Gästezimmer. „Im Wechsel mit anderen“, wie er betont. „Wird ein Werk verkauft, wird es durch ein neues von einem anderen Künstler/einer anderen Künstlerin ersetzt.“ Die Präsenz eines kulturellen Selbstverständnisses zeigt sich auch durch ausgewählte Arbeiten, die aus der Kunstsammlung der Betreiberfamilie stammen. So ziert eine Arbeit der Gebrüder Getzner den Eingangsbereich der Bar. Selten hat ein lokales Lokal hier so viel Gespür und gleichzeitig so viel Lässigkeit ausgestrahlt.

Die Zimmerstruktur wurde im Wesentlichen belassen. So ist jedes Zimmer anders, lebt atmosphärisch von den Bezügen zum Außenraum und von wechselnden Kunstwerken.
Minimalistisch, weiß. Die Zimmer sind angenehm zurückhaltend. Der Komfort liegt in der Qualität der Ausstattung.

Daten & Fakten

Objekt BAR10ZIMMER, Dornbirn, Bar, Café, Hotel

Eigentümer BAR10ZIMMER OG

Projektleitung Jürgen Krämer, Lustenau, jürgenkrämer.at

Statik Gaisberger ZT, Dornbirn, www.zt-gaisberger.at

Fachplanung Bauphysik: Spektrum, Dornbirn

Planung 11/2016–5/2018

Ausführung 3/2017–8/2018

Grundstücksgröße 330 m²

Nutzfläche 350 m²

Bauweise Strickbau, 4 cm Putzfassade; Holzdecken gedämmt mit Fußbodenheizung; Warmdach mit Ziegeldeckung; Gasheizung: Neue Innenwände aus Gipskarton; Außenfenster und Laden Bestand; ehemalige Garage: Mauerwerk mit Holzbau und Dachstuhl ergänzt; Dach und Fassade aus Metall

Ausführung Holzbau: oa.sys; Innenausbau: Jürgen Krämer, Lustenau; Böden: Christian Greussing, Bezau; Maler: Hannes Hagen, Lustenau; Trockenbau: Raumwerk, Wolfurt; Röthis: Elektro: Kremmel und Schnei­der, Lustenau; Installation: Bechter, Bregenz; Zimmerei: oa.sys, Alberschwende; Fenster: Sigg, Hörbranz und OK Glas, Dornbirn; Dach: Schwendinger, Dornbirn; Spengler: Schwendinger, Dornbirn; Lüftung: Berchtold, Dornbirn; Gartenbau: Alex, Koblach; u. a.

Energiekennwert 100 kWh/m² im Jahr