Unterschiedliche Unternehmen und Organisationen
setzen sich mit der Wohnsituation im Alter auseinander,
so der Immobilienanbieter Silver Living oder die SeneCura-Gruppe.

Derzeit sind „nur“ 18,5 Prozent der österreichischen Bevölkerung über 65 Jahre alt. bis 2040 steigt dieser Anteil allerdings auf 26 Prozent. 2015 waren rund 450.000 Österreicherinnen und Österreicher pflegebedürftig, für 2050 werden in etwa 750.000 erwartet. Aus all diesen Gründen ergibt sich eine stark wachsende Nachfrage beim betreuten Wohnen von 70.000 betreuten Wohnungen, dem ein Angebot von 13.600 Wohnungen gegenübersteht. Bis 2028 werden bereits rund 100.000 Einheiten benötigt. Bei einem durchschnittlichen Investitionsvolumen von 157.000 Euro pro Wohnung bedeutet dies bis 2028 einen Investitionsbedarf von rund 14 Mrd. Euro, errechneten die Experten von Silver Living.

Eine österreichweite Studie zur Wohnsituation älterer Menschen ortete eine hohe Zufriedenheit – trotz einiger Mängel in der Barrierefreiheit. Der „Wohnmonitor 2018“ wurde im Jänner präsentiert. Der international anerkannte Soziologe und Gerontologe und außerordentliche Universitätsprofessor für Soziologie an der Universität Wien, Franz Kolland, hat in Kooperation mit der SeneCura eine Repräsentativbefragung von 1000 Österreicherinnen und Österreichern über 60 Jahren wissenschaftlich erhoben: Sieben von zehn der über Achtzigjährigen sind mit ihrer Wohnsituation sehr zufrieden – und das obwohl nur 16 Prozent der relevanten Wohnungen barrierefrei sind und auch die Infrastruktur zu wünschen übrig lässt. Über zwei Drittel der älteren Bevölkerung über 60 Jahre (67 Prozent) leben in Eigentum, davon 53,6 Prozent in ihrem eigenen Haus und 13,7 Prozent in einer Eigentumswohnung. Im Schnitt beträgt die Wohnungsgröße pro Person 67 m² und liegt somit deutlich über jener der Durchschnittsbevölkerung. Studienautor Prof. Dr. Franz Kolland: „Ältere Menschen leben länger und gesünder als früher und können dank mobiler Dienste oder 24-Stunden-Betreuung länger in der eigenen Wohnung bleiben. Nachdem die Kinder ausgezogen oder die Partner verstorben sind, bleiben viele ältere Menschen aus praktischen, finanziellen oder gesellschaftlichen Gründen in ihrer Wohnung, auch wenn sie eigentlich zu groß ist.“

Barrierefreiheit und Angebot

Die Zufriedenheit mit der eigenen Wohnung ist altersbezogen. Während in der Altersgruppe 60–64 Jahre 38 Prozent der Männer und 39 Prozent der Frauen eine sehr hohe Wohnzufriedenheit aufweisen, sind es in der Altersgruppe 80+ 68 Prozent der Männer und 74 Prozent der Frauen. Erklären lässt sich die Wohnzufriedenheit im Alter nicht durch einen einzigen Faktor, sondern über eine Reihe von Einflüssen. Dazu gehören Wohndauer, Verbundenheit mit der Wohnung, Wohnumwelt, Einkommen, subjektives Gesundheitsempfinden, Barrierefreiheit und Wohnungsgröße. Die stärkste Wirkung geht von der Verbundenheit mit der Wohnung aus. „Eine hohe Zufriedenheit bedeutet aber nicht, dass es keine Wohnmängel gibt. Nur 16 Prozent der Wohnungen sind zum Beispiel barrierefrei – hier gibt es eindeutig Nachholbedarf“, schildert Kolland. Das Forschungsprojekt hat Empfehlungen aus den Ergebnissen abgleitet. Für die Wohnsituation sollten Wohnungen schon vor Errichtung modularer geplant werden, um sich besser anpassen zu können. Neben Barrierefreiheit sollte schon in der Planung eine Erweiterung des Angebotsportfolios für ältere Menschen forciert werden. Die fußläufige Erreichbarkeit infrastruktureller Einrichtungen in der Wohnumgebung ist für alte Menschen je nach Wohnlage und Einrichtung sehr unterschiedlich gegeben.

In Korrelation mit der relativ hohen Wohnzufriedenheit erachten auch nur 34 Prozent der Befragten einen Umzug in Zukunft als wahrscheinlich und ein Fünftel (22 Prozent) als sehr wahrscheinlich. Für die Hälfte der Älteren kommt ein Umzug allerdings nicht in Frage. Als mögliche Umzugsgründe gibt knapp die Hälfte (47 Prozent) der Befragten Einschränkungen in der Selbstständigkeit und Autonomie der Haushaltsführung an, 28 Prozent Angehörigen nicht zur Last fallen zu wollen und 5 Prozent Einsamkeitsgefühle. Überraschend ist der geringe Anteil an Personen, die Einsamkeit als Push-Faktor angeben. Und: Personen, die ein positives Bild vom Pflegeheim haben, halten einen Umzug für deutlich häufiger für wahrscheinlich (27 Prozent) als Personen mit einer ablehnenden Einstellung (15 Prozent).

Agile am Land

efragt nach „traditionellen“ Wohnformen wünschen sich 60 Prozent der Befragten ein Haus auf dem Land. Das sind insbesondere die jungen Alten (60-80 Jahre) und jene, die bereits auf dem Land wohnen. 35 Prozent wünschen sich eine Stadtwohnung. Diese ist eher von Interesse für Personen mit höherem Einkommen. 43 Prozent können sich vorstellen, mit nahen Angehörigen zu wohnen. Diese Personengruppe verfügt über kleine und mittlere Einkommen und sie haben ein enges Verhältnis zu Kindern und Enkelkindern. 51 Prozent der Befragten haben Interesse an betreutem Wohnen, wobei das größte Interesse in der Altersgruppe 70–79 Jahre gegeben ist. Die Studie analysierte auch das Interesse an „neuen“ Wohnformen: 52 Prozent können sich vorstellen, in einem Mehrgenerationenhaus zu wohnen – eher jene Personen, die nicht mit Hilfe aus dem eigenen Verwandtenkreis rechnen. 49 Prozent der Befragten können sich das Leben im Alter in einem Wohndorf ausschließlich für ältere Menschen vorstellen. Diese Wohnform spricht Personen mit mittleren Einkommen und gesundheitlichen Einschränkungen an. „Die dritte Wohnform, die Alters-WG, die sich mehrere ältere Personen teilen, erfährt bislang von nur 15 Prozent der Befragten eine positive Bewertung. Hilfreiche Technologien wecken bei der Generation 60+ zwar Interesse, allerdings sind sie kaum im Einsatz. Am ehesten könnten sich die älteren Befragten ein Notrufarmband (88 Prozent) oder Bewegungssensoren zur Sturzerkennung (75 Prozent) vorstellen. Smarte Technologien wie Serviceroboter zum Putzen oder Rasenmähen stoßen dagegen auf wenig Zustimmung (30 Prozent). Dies gilt nicht für eine Heimumgebung: Im Pflegeheim erwarten sich 83 Prozent der 60- bis 74-Jährigen Internet und 50 Prozent smarte Technologien wie z.B. Sprachsteuerung des Fernsehapparats.