An einer Geländekante steht das ganz aus Holz gebaute Haus,
das Bernhard Marte für seinen Stiefsohn Adrian in Batschuns entworfen hat.
Mit einer Aussicht, die die Steilheit des Bauplatzes locker wettmacht.

Text: Edith Schlocker | Fotos: Stefan Hauer

Bernhard und Stefan Marte werden gern als Betonbauer abgestempelt. Was sie gar nicht so gern hören, hätten sie doch mehr Preise für ihre in Holz als in Beton gebauten Architekturen bekommen. Für das kleine Haus, das sie für Bernhard Martes Stiefsohn und dessen Familie entworfen haben, zwar noch nicht, wie gut sich ihre Art, Architektur zu denken, mit dem Werkstoff Holz verträgt, führen sie hier allerdings überzeugend vor. Auf einem Grundstück, das Adrian von seiner Mutter bekommen hat, die im Haus direkt nebenan neben jenem wohnt, in dem sie selbst aufgewachsen ist. Der Hang, an dem die drei Häuser direkt an der Straße stehen, ist steil, für die kurvenreiche Anfahrt werden die Martes allerdings mit einer grandiosen, komplett unverstellten Aussicht aufs Tal entschädigt.

Das Haus von Adrian, Verena und dem einjährigen Rafael Marte scheint neben einem romantisch rauschenden Bächlein direkt aus dem Gelände herauszuwachsen. Der Baukörper ist klar, seine drei Ebenen scheinen hangabwärts regelrecht im Gelände implantiert zu sein. Die perfekt gedämmten Fassaden sind vertikal mit Lärchenholz verlattet, waagrecht durchpflügt von schmalen Fugen aus Blech, die die jeweiligen Geschoße markieren. Das relativ steile Satteldach ist bewusst vordachlos, wodurch es zu so etwas wie einer weiteren Fassade wird. Wenige, durchwegs quadratische, tief in die Laibungen gesetzte Fenster unterschiedlicher Größe verpassen dem Baukörper nicht nur Struktur, sondern auch das Flair des Skulpturalen. Indem sie zu Raumöffnern werden, zu fragilen Barrieren zwischen dem Innen und Außen, bei dem in die Architektur hineingeschnittenen offenen Carport zur markanten Negativform.

„Wir empfinden es
als großes Privileg,
hier wohnen zu dürfen.“

Adrian Marte
Bauherr

Die rund 130 Quadratmeter Wohnfläche verteilen sich auf drei Ebenen. Geschlafen wird in jener, in der das Haus neben einem kleinen Schopf über einen geschützten Zugang betreten wird. Das Kinderzimmer und das Büro befinden sich im Stockwerk darunter, gewohnt wird in dem darüber. In einem großen, bis unter den Giebel offenen Raum, der sich talwärts hausbreit verglast durch eine Schiebetüre zu einer großzügig dimensionierten, mit Holz beplankten Loggia verwandelt, deren Brüstung ein feines Gitter ist.

Obwohl das Haus von Adrian und Verena Marte ein reiner Holzbau ist – sogar die Zwischendecken sind aus Holz, allein die erdberührenden Teile sind betoniert –, kommen die Innenwände ganz in Weiß daher. Der Bauherr bzw. die Bauherrin wollten es so, Bernhard Marte wäre das pure Holz lieber gewesen. Dafür sind die Böden und Stiegen mit Lärchenholz belegt bzw. aus diesem gebaut, genauso wie die fix eingebauten – vom Architekten geplanten – Möbel, bündig gesetzten raumhohen Türen und Rahmen der Fenster, deren Parapete ganz unterschiedlich hoch sind, was nicht nur dem Außenauftritt des Gebäudes geschuldet ist, sondern die auf diese Weise gelenkten Blicke vom Hausinneren in die Umgebung förmlich zu rahmen scheint.

Dem untersten Geschoß ist südseitig eine kleine betonierte Terrasse vorgesetzt. Die Schlafzimmer, das Büro bzw. die Kinderzimmer sind klein, die Aussichten allerdings auch hier großartig. In den Gängen bzw. unter den Treppen sind Stauräume geschickt versteckt, Heiz- und Technikraum liegen hangseitig, das Bad ist funktionell mit einem Boden aus kleinen schwarzen Fliesen, weißer Keramik und Einbauten aus Lärche.

Fast sakral kommt dagegen der große Raum mit seiner mittigen Höhe von rund fünf Metern ganz oben daher. In zwei Teile geteilt durch die ihn vom Eingangsgeschoß her erschließende Treppe. Richtung Tal bzw. Loggia ist diese fast exterritorial daherkommende Zone mit einer bequemen Sitzlandschaft möbliert, die andere Seite mit einem weißen Küchenblock und einem großen Esstisch. Die weiße, fein gelochte Decke ist der Akustik, zarte horizontale Verstrebungen aus Metall sind der Statik geschuldet, stören aber höchstens den Architekten. Beheizt wird das Haus Marte ökologisch per Erdwärmepumpe.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten und Fakten

Objekt Wohnhaus Marte
Eigentümer Verena und Adrian Marte
Architektur Marte.Marte Architekten, Feldkirch, www.marte-marte.com
Statik M+G Ingenieure, Feldkirch, www.m-g.at
Fachplanung Bauphysik: Hafner-Weithas, Lauterach
Planung 2017
Ausführung 2018/2019
Grundstück 410 m²
Nutzfläche 150 m² (zzgl. Keller: 22 m²)
Bauweise Erdberührende Bauteile Stahlbeton; oberirdische Holzkonstruktion; vorgefertigte Holzelemente für Wände und Decken, Eterniteindeckung; Fassade, Fenster, Böden Lärche; Wände und Decken weiß gekalkt; Heizung über Erdsonden über Bodenheizung
Ausführung Baumeister: Oberhauser-Schedler, Andelsbuch; Zimmerer: Summer Holzbau, Röthis; Dachdecker: Jürgen Entner, Rankweil; Spengler: Tectum, Hohenems; Fenster: Hartmann, Nenzing; Innenausbau/Böden: Marte Althaussanierung, Muntlix; Fliesen: Herbert Maier, Batschuns; Haustechnik: Stolz, Bludenz
Energiekennwert 41 kWh/m² pro Jahr (HWB)
Baukosten 550.000 Euro