Innen und außen als Kontrastprogramm
Ein hohes Maß an Eigenleistung war nötig, dass sich Heidi und Gerhard Wolf ihren Traum vom Eigenheim erfüllen konnten. Dieses steht in Hard und verschweigt nach außen komplett sein vom Architektenduo Benjamin Miatto und Philipp Gmeiner erfundenes, in mehrfacher Weise raffiniertes Inneres.
Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Karin Nussbaumer
Das unscheinbare, in den späten 1950er-Jahren gebaute Einfamilienhaus, das sich Gerhard und Heidi Wolf am Rand des dicht besiedelten Ortgebiets von Hard gekauft haben, ist eines von zigtausend ganz ähnlichen in Vorarlberg. Eigentlich wollte das junge Ehepaar ja das Grundstück daneben haben, als sie aber das zum Verkauf stehende – und für sie einigermaßen leistbare – kleine Haus gesehen haben, war ihnen sofort klar, „das ist es“. Und auch mit wem die Wolfs den Umbau stemmen wollten, stand von allem Anfang an fest: mit dem mit ihnen gut befreundeten Architektenduo Gmeiner & Miatto, von denen sie wussten, dass sie visuell ganz ähnlich ticken.
Von außen würde man dem Haus mit seinem Satteldach, seinem Graffito und den typischen metallenen 50er-Jahre-Geländern an Balkon und Eingangsstiege sein Inneres niemals zutrauen. So konträr zum biederen Äußeren kommt dieses in seiner räumlichen Großzügigkeit und materiellen Raffinesse daher. Allerdings galt es jede Menge zu stemmen, bevor mit der inneren Verwandlung begonnen werden konnte. Eine Knochenarbeit, die an unzähligen Wochenenden zum größten Teil von Gerhard Wolf gemeinsam mit Freunden erledigt wurde. Indem sie das Haus fast zur Gänze bis unter den Dachstuhl ausgehöhlt haben, wobei 18 Tonnen Schutt angefallen sind. Wie gut eine Freundschaft sein muss, um das im wahrsten Sinn des Wortes mitzutragen, erklärt sich wohl von selbst.
Eine Mühe, die sich gelohnt hat. Ist die Verwandlung des ehemals in winzige Zimmer geteilten Hauses in eine großzügige und offene Wohnung für ein Paar perfekt. Wobei letztlich ein einziger großer, teilweise vom Erdgeschoß bis unter das Dach reichender Raum übriggeblieben ist, komplettiert im Erdgeschoß durch einen kleinen Vorraum und ein WC und im ersten Stock durch ein Bad und ein Schlafzimmer. Verbunden sind die beiden Ebenen durch eine hölzerne Treppe, die von Heidi Wolf eigenhändig abgeschliffen und schwarz gestrichen wurde. Sie ist im Hausinneren als einziges Element vom Bestand übriggeblieben und akzentuiert in ihrer leicht nostalgischen Anmutung reizvoll den Kontrast zu den radikalen architektonischen Eingriffen durch Gmeiner–Miatto.
„Das Aushöhlen des Hauses war Knochenarbeit.
Zum Glück haben unsere Freunde mit angepackt.“
Gerhard Wolf
Bauherr
Den Eingriffen liegt ein klares, die Räume horizontal wie vertikal verschränkendes Konzept zugrunde. Der Wohnbereich im Erdgeschoß ist in drei Teile geteilt. Richtung Osten, zum Garten hin, wird gekocht, daneben an einem großen Tisch gegessen und wieder daneben auf einer riesigen Liegelandschaft gefaulenzt. Die Grenze zwischen Koch- und Essbereich wird durch einen 1200 Kilogramm schweren, aus Lehm gebauten Speicherofen mit einer schwarzen Oberflächenspachtelung markiert. Großzügigkeit erhält der dreigeteilte Raum dadurch, dass die Decke im Esszimmerbereich entfernt wurde, wodurch sich ein Luftraum bis unter den Dachstuhl eröffnet. Dieser wurde gedämmt und mit Seekiefer-Sperrholz verkleidet, ein Werkstoff, dem man im ganzen Haus begegnet. Bei den Küchenmöbeln genauso wie beim großen Esstisch, diversen Einbauten und Wandverkleidungen sowie bei den Trennwänden zwischen Bad und Schlafzimmer im Obergeschoß, die letztlich wie ein Möbel in den Raum gestellt sind.
Durch das Aufreißen der Decke über dem Essraum ergibt sich eine offene Galerie mit Ausgang zum südseitigen Balkon. Boden und Wände im Bad sind schwarz, vom Schlafzimmer getrennt durch einen raumhohen, natürlich aus Seekiefer-Sperrholz vom Bruder des Bauherrn maßgetischlerten, beidseitig zugänglichen Kleiderschrank. Seine markante Maserung gibt einen reizvollen Kontrast zu den Böden ab, die aus einem gegossenen, von Hand geglätteten grauen Estrich bestehen, während die Wände einen fein strukturierten weißen Kalkanstrich bekommen haben. Durchdekliniert als ausgewogenes Spiel mit nur wenigen Farben und puren Materialien, die noch dazu preiswert sind. Beim Umbau des Hauses mitgedacht wurde von den Architekten bereits eine Metamorphose der Außenhülle, die allerdings noch einige Jahre wird warten müssen.
Daten & Fakten
Objekt Haus Wolf, Umbau in Hard
Bauherr Heidi und Gerhard Wolf
Architektur Gmeiner & Miatto Architekten, Hard, gmeiner-miatto.com
Statik Plan 3, Andelsbuch, plandrei.at
Planung 10/2015–7/2016
Ausführung 4/2016–12/2016
Grundstücksgröße 595 m²
Wohnnutzfläche 124 m² (zzgl. 73 m² Keller)
Bauweise Massivbau in Ziegelbauweise, Bestand Ziegeldach von innen gedämmt,
Zementestrich geglättet als Bodenbelag, Innenausbau mit Seekiefersperrholz
Besonderheiten Holzofen mit Kaseinspachtelung, gesamter Innausbau mit Seekiefersperrholz
Ausführung Innenausbau: Meisterstück, Hard; Möbel/Türen: Meisterstück, Hard; Baumeister: Navadnig Bauservice, Hard; Böden: Fischer–Böden, Hard; Heizung/Lüftung: Bernd Langer, Wolfurt; Elektro: Lohs, Hohenems; Ofenbau: Müller, Ludesch
Energiekennwert 295 kWh/m² im Jahr vor Dämmung des Daches (U-Wert 0,12 W/m²K)
Baukosten ca. 100.000 Euro