Jedes Jahr veranstaltet das Bundesdenkmalamt den Tag des Denkmals. Diesen Sonntag ist es wieder so weit. Einer der Orte, die besichtigt werden können, ist die Propstei St. Gerold und ganz aktuell die Sanierung des Haupthauses von HK Architekten. Erbe weiterbauen ist eine verantwortungsvolle Aufgabe, gehört die Propstei doch zu den kulturell bedeutsamsten Orten des Landes. Seit über zehn Jahren dauert der Prozess der architektonischen Transformation schon an und kommt mit dem Haupthaus nun an ein vorläufiges Ende.

 

Text: vai Archiv | Fotos: Roland Wehinger

Der Text stammt aus dem Archiv des Vorarlberger Architektur Instituts (vai). Original von Claudia Klammer, redaktionell bearbeitet von Verena Konrad

Die Propstei St. Gerold liegt an einem Sonnenhang am Eingang ins Große Walsertal. Den historischen Kern der benediktinischen Klosteranlage bilden das Propsteigebäude, die Kirche sowie die Gnadenkapelle. Archäologische Befunde lassen Teile dieser Bausubstanz in das 10. und 11. Jahrhundert datieren, vorwiegend stammt sie aus dem frühen 13. Jahrhundert. Im Lauf der Zeit erfuhr die Propstei wie jeder Komplex dieser Art zahlreiche Erweiterungen und Umbauten. Seit den 1960er-Jahren wird sie sukzessive in einen Ort der Einkehr und Begegnung transformiert und ist heute wesentlicher Bestandteil der Vorarlberger Kultur- und Bildungslandschaft. Hier treffen sich Gruppen zu Seminaren und neuerdings auch Retreats, hier wird gemäß benediktinischer Tradition gebetet, gearbeitet, aber auch gefeiert. Der Herbergsbetrieb ist ausgelegt auf Gäste – mit Gästezimmern, mit einem Restaurant, mit wunderschönen Außenanlagen und allem, was es an betrieblicher Infrastruktur dafür braucht – angefangen von Küche, Lagerräumen, Rezeption, Klosterladen, einem Garten, …

Mehr als zehn Jahre ist das Architekturbüro HK Architekten mit Hermann Kaufmann, Christoph Dünser, Stefan Hiebeler und einem starken Team vor Ort. Die Propstei ist zu einem Herzensprojekt geworden. Im Zentrum der ersten Sanierungsphase vor über zehn Jahren standen die Optimierung und Zentralisierung der gastronomischen Infrastruktur. Alle Speiseräume wurden in einem Ökonomiegebäude untergebracht, das früher als Remise und Pferdestall verwendet wurde. In den Räumlichkeiten der Remise befindet sich das gleichnamige Restaurant für externe Gäste. In diesem Bereich wurde hofseitig ein Panoramafenster integriert. Hausgäste speisen in der angrenzenden „Geroldstube“. Eine Etage höher befindet sich der einst als Heuboden genutzte und weitgehend im ursprünglichen Zustand erhaltene „Spycher-Saal“, also Speicher-Saal, heute ein Festsaal. Als Erweiterung des Ökonomiegebäudes wurde westseitig ein funktionaler Holzbau angestellt, in dem die zentrale Küche, Mitarbeiter(innen)- und Büro-räume Platz finden. Die neu angelegte Terrasse auf dem Dach der talseitigen Pferdestallungen steht den Besuchern als Gastgarten zur Verfügung.

„Die Sanierungsarbeiten in der Propstei wurden großteils mit Handwerkern aus dem Bregenzerwald und dem Großen Walsertal umgesetzt, die im Umgang mit historischer Bausubstanz große Erfahrung aufweisen.“

Barbara Keiler
Bundesdenkmalamt, Landeskonservatorin für Vorarlberg

Das Hauptaugenmerk der zweiten Etappe lag auf der Sanierung des strukturell veralteten Herberggebäudes. Die Dachkonstruktion wurde weitgehend erneuert. Durch eine Erhöhung des Giebels sowie den Einbau von Gauben konnten sechs weitere Einzelzimmer untergebracht werden. In einem Teil des ehemaligen Klosterkellers wurde ein Seminarraum eingerichtet, im angrenzenden Bereich sollen auf längere Sicht weitere Seminarräume sowie Ausstellungsflächen entstehen. Vom nordseitigen Parkplatz aus wird die Anlage durch einen öffentlichen Zugang erschlossen, der in den neu gestalteten und nunmehr auch barrierefrei erreichbaren Klosterhof mündet.

Der zum Hof ausgerichtete Haupteingang führt in ein Foyer, das sich im vormals offenen Durchgang zum westseitigen Stallgebäude befindet. Dieser Bereich wurde um ein Souterrain erweitert und konnte dadurch mit dem Restaurant verbunden werden. Die Materialisierung ist insgesamt sehr zurückhaltend und reduziert. Fichtenholz kommt in Form von neun Meter langen Dielen in der Geroldstube zum Einsatz und findet sich auch als Lamellen an den Decken der Speiseräume und des Klosterladens wieder. Der überwiegende Teil der Böden, Decken, Wandvertäfelungen und Möbel wurde aus unbehandeltem, sägerauem Eschenholz gefertigt, das aus dem propsteieigenen Wald stammt.

2024 wurde die Sanierung nun im nördlich gelegenen Riegelbau, dem Haupthaus, fortgesetzt und der Zimmertrakt sowie Erschließungen und Rezeption erneuert. Es ist nicht leicht, einen modernen Seminarhotelbetrieb in eine historische Substanz zu implementieren. Die Ansprüche der Gäste, die Anforderungen an einen gut funktionierenden Betrieb durften das Gebäude nicht nur nicht allzu stark verändern, sondern mussten auch auf bestehende Funktionen Rücksicht nehmen. HK Architekten löste die vielen anstehenden Aufgaben mit großem Respekt vor dem Bestand. Entstanden sind gemütliche Zimmer verschiedener Art, eine neue Rezeption und Erschließungen sowie einige „Bonusräume“ – immer mit dem arbeitend, was da war.

Daten & Fakten

Objekt: Sanierung Propstei St. Gerold

Bauherr: Kloster Einsiedeln

Architektur: HK Architekten, Hermann Kaufmann

Projektleitung: Christoph Dünser und Stefan Hiebeler, Mitarbeit: Benjamin Baumgartl, Wolfgang Hammerer, Ann-Katrin Popp

Fachplanungen: Landschaftsarchitektur: Markus Cukrowicz, Tragwerksplanung: M+G Ingenieure (Roland Mayrhofer, Josef Galehr) und Merz Kley Partner (Konrad Merz, Gordian Kley), Bauphysik/Raumakustik: Karl Brüstle, Haustechnik/Heizung, Lüftung, Sanitär: E-Plus Planungsteam, Bauphysik: BDT|IB Bauphysik, ELT: Norbert Steiner, Lichtplanung: Manfred Remm

Planungsdaten: Zeitraum von der Planung bis zur Durchführung 2013–2024