Eine in jeder Weise angemessene Architektur
Zwei Geschwister, von denen das kleinere eindeutig den Ton angibt: Rainer Köberls Bauten für die BTV in Dornbirn.
Das eigentliche Bankgebäude steht direkt an einer der meistbefahrenen Kreuzungen, vom zweiten getrennt durch einen Platz, der eigentlich – noch – eine Straße ist.
Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Darko Todorovic
Dass der Bank für Tirol und Vorarlberg die Hebung der lokalen Baukultur ein wichtiges Anliegen ist bzw. war, zeigt sich nicht zuletzt darin, dass sie sieben Mal – zuletzt 2015 – für Innovationen offene Bauherren aus Tirol und Vorarlberg ausgezeichnet hat. Neubauten eigener Filialen nehmen naturgemäß an diesen Schönheitswettbewerben architektonischer Art nicht teil, an anderen aber sehr wohl. Etwa mit der von Rainer Köberl geplanten BTV-Zweigstelle am Innsbrucker Mitterweg, die 2012 sowohl einen ZV-Bauherrenpreis als auch eine Auszeichnung des Landes Tirol für Neues Bauen eingeheimst hat.
Wahrscheinlich einer der Gründe, warum die BTV den Innsbrucker Architekten zum Wettbewerb für den Bau ihrer neuen Geschäftsstelle in Dornbirn geladen hat. Den Rainer Köberl (Mitarbeit Richard Weiskopf) bei vier hochkarätigenKonkurrenten einstimmig für sich entscheiden konnte, füge sich sein Entwurf doch „auf äußerst sensible und dialogische Weise in die Bahnhofstraße ein“, so Erich Steinmayr im Namen der Jury. Um diesem Konglomerat unterschiedlichster Stile und Brüche im Maßstäblichen ein anspruchsvolles Stück neuer Architektur hinzuzufügen, die für diesen Ort „angemessen ist“, so der Architekt, der die Auseinandersetzung mit schwierigen Orten mag, die Reibung, die sich daraus ergibt, die Spannung im heterogenen Nebeneinander.
Der Bauplatz für die neue Dornbirner BTV-Filiale ist unzweifelhaft ein solcher Ort. Situiert auf einem bisher unbebauten Grundstück direkt an einer der meistbefahrenen Kreuzungen der Stadt, durch eine Straße von einem zweiten Baukörper getrennt, der anstelle des bisherigen Bankhauses entstanden ist. Ihre äußeren Formen waren durch den Bebauungsplan praktisch vorgegeben, um innen wie außen allerdings komplett anders daherzukommen, ohne ihre enge Verwandtschaft zu leugnen. Stadträumlich besonders exponiert ist der spitz zulaufende Zwickel, auf dem das eigentliche Bankhaus steht. Es ist zwar deutlich kleiner als das Geschäftsgebäude nebenan, in der Hierarchie diesem aber eindeutig überlegen.
„Das Umgehen mit den vielen Vorgaben hab‘ ich nicht als Belastung empfunden, sondern eine Herausforderung angenommen.“
Rainer Köberl
Architekt
Den Vorgaben geschuldet, zeigt es der Kreuzung sozusagen die kalte Schulter. Indem diese Front fast komplett geschlossen ist, sich nur im obersten Geschoß als übers Eck verglaste Loggia mit Blick über die Hausdächer hinweg zum Säntis öffnet.
Dem Image der BTV nach Exklusivität und Diskretion geschuldet, befindet sich der in die Kubatur hineingezogene Haupteingang fast versteckt in der zum zweiten Haus hin orientierten Fassade. Gestaltet als über zwei Geschoße offene gläserne Schleuse hin zu einem bis unter das Dach offenen, mit einem kleinen Schalter möblierten Foyer. Nicht zuletzt durch das im Fischgrätmuster verlegte Parkett verbreitet sich hier das Ambiente von gediegener Eleganz. Ein Gefühl, das sich durch das ganze Haus zieht, dessen fünf Etagen durch eine sich vom Foyer nach oben schlängelnde Stiege bzw. offene Galerien miteinander verbunden sind.
Wenige Materialien und Farben genügen: Die Möbel, mit denen Köberl etwa den Selbstbedienungsbereich eingerichtet hat, sind klar und grau, die in den Großraumbüros sind weiß. Des Architekten Faible für edle Haptiken zeigt sich auch in den mit größtenteils von ihm entworfenen Möbeln ausgestatteten Beratungsräumen und im großen Konferenzraum ebenso wie in der kleinen Lounge im vierten Obergeschoß.
Die von der Kreuzung abgewandten Fassaden sind großflächig gläsern aufgelöst, bestückt mit feststehenden Lamellen aus Alu. Die Südseite ist raffiniert durch unterschiedlich große, quadratische und runde Fenster gegliedert. Verputzt ist der Stahlbetonbau weiß, leider nicht mit dem leicht wolkigen Naturkalk, den Rainer Köberl sich gewünscht hätte. Leider nicht gebaut wird auch die Tonhalle, die das Herz des zweiten, auf einer zweigeschoßigen Tiefgarage stehenden Hauses hätte werden sollen. Von dem erst die Hülle bzw. die durch einen Innenhof und Terrassen gegliederte innere Struktur steht. Der Wunsch der BTV wäre es, dass im Erdgeschoß ein Restaurant einziehen würde, durch dessen Gastgarten die die beiden Häuser trennende Straße wirklich zu so etwas wie einem Platz werden könnte. Denn allein eine Pflasterung schafft das nicht wirklich.
Daten & Fakten
Objekt Bank- und Geschäftshaus, Dornbirn
Bauherr Bank für Tirol und Vorarlberg
Architektur DI Rainer Köberl, www.rainerkoeberl.at
Statik gbd ZT, Dornbirn, www.gbd.at
Fachplaner Bauphysik: Bernhard Weithas, Lauterach; Elektro: Hecht, Rankweil; Heizung, Lüftung, Sanitär: Innotech, Altach; Bauleitung: gbd ZT, Dornbirn
Planung 2013–2015
Ausführung 9/2015–11/2017
Grundstück 1200 m²
Nutzflächen 3643 m² (davon Bank 1374 m²)
Bauweise Stahlbetonmassivbau; Fassade: Putzfassade mit Wärmedämmverbundsystem und Alupfostenriegelfassade; Innenwände teilweise verputzt, teilweise mit Eichen verkleidet; Sandsteinboden im Stiegenhaus; Fischgrätparkett Eiche in Büros; Akustisch wirksame Klimadecke in Büros
Ausführung Baumeister: i+R, Lauterach; Fenster/Fassade: Jobarid , Röthis; Innenausbau: Josef Feuerstein, Nüziders; Möbel: Spechtenhauser, Innsbruck; Elektro: Pircher, Bregenz; Heizung/Lüftung: Markus Stolz, Bregenz; Holzböden: Burtscherböden, Nüziders; Sandsteinböden: Fliesenpool, Götzis; Putzfassade: Hilti & Jehle, Feldkirch