Blick auf mächtige Wipfel
Eine sehr heutige Interpretation des traditionellen Wälderhauses hat
Catharina Fineder in einen steilen Hang hoch über Riefensberg gestellt.
Gebaut als großzügig dimensioniertes Ferienhaus
für eine holländische Familie.
Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Petra Rainer
Schon seit mehr als zehn Jahren ist das Lieblingsurlaubsziel der holländischen Familie der Bregenzerwald. Als Flachländer und Großstädter lieben sie das Gebirgige, den Schnee und die Ruhe, die sie hier als Gegenentwurf zu ihrem „normalen“ Leben finden. Und so haben sie, als sich ihnen die Möglichkeit bot im kleinen Skigebiet Hochlitten hoch über Riefensberg ein Grundstück zu kaufen, sofort zugegriffen, um sich ihren Traum von einem Zweitwohnsitz zu erfüllen. Mit Catharina Fineder fanden sie eine Architektin, die nicht zuletzt wegen eines Auslandsemesters während ihres Studiums an der Rotterdamer Erasmus-Universität Holland und die Holländer liebt und noch immer einigermaßen gut Holländisch spricht.
Basis für beiderseitige Sympathie, die den durchaus intensiven Entwicklungsprozess des Projekts vereinfachte. Denn das Haus, wie es nun dasteht, hat mit dem, was die Bauherren sich ursprünglich vorstellten, nur mehr sehr wenig zu tun. Schwebte ihnen noch ein „neues altes“ Bregenzerwälderhaus mit kleinen, in horizontalen Bändern angelegten Fenstern samt charakteristischen Läden vor. Sozusagen als Gegenentwurf zu dem „durchsichtigen“, typisch holländischen Haus, in dem sie üblicherweise leben. Dessen riesige, durch nichts vor Einblicken geschützte Fenster suggerieren, dass man nichts zu verbergen hat.
Das Problem der Abschottung vom Außen stellt sich bei dem Haus in Riefensberg allerdings gar nicht. Ist es doch so exponiert in einen extrem steil abfallenden Hang gestellt, dass die dicht bebaute Umgebung praktisch automatisch ausgeblendet wird. Auch dadurch, dass sich die Architektur zu dieser Richtung Süden und Westen fast komplett verschließt, während sie sich ostseitig durch Fenster und kleine Terrassen zum Wald sowie nach Norden fast in ihrer gesamten Breite durch eine großzügige Verglasung mit Blicken in mächtige Baumwipfel und einem Gegenhang weit in der Ferne öffnet.
Von der ursprünglichen Idee des Bregenzerwälderhauses übriggeblieben sind nur das Satteldach samt breiter Vordächer sowie Holz als Baustoff. Der aus vorfabrizierten Elementen gebaute, mit Mineralwolle perfekt gedämmte Holzriegelbau steht auf massiven Mauerscheiben und ist umhüllt von vertikal angeordneten Fichtenlatten. Die Zufahrt zum Haus mit dem Auto über eine steile Rampe ist nur etwas für Geübte. Dafür ist die Garage direkt in die obere Ebene des klar geschnittenen Baukörpers eingehaust, neben der Eingangstüre, die zu einer Garderobe bzw. der Stiege in das untere Geschoß führt.
„Fernblick und Geborgenheit
ohne Einblicke. Die Öffnungen
setzen ganz auf die Orientierung zum Tal“
Catharina Fineder
Architektin
Sowie zum großen, bis unter das Satteldach offenen Wohnraum, in dem auch gekocht wird. Und der mit seinen fast vier Metern bis zum First fast wie ein Guckkasten daherkommt, indem der in die Ferne schweifende Blick auch nicht durch die gläserne Brüstung des vorgesetzten Balkons behindert wird. Richtung Osten öffnet sich das Haus in dieser Ebene außerdem zu einer kleinen geschützten Loggia, direkt über einer etwa gleich großen Terrasse darunter, die neben einer Sauna liegt. Der großzügige Wellnessbereich wird durch eine gläserne Schiebetüre von den drei Schlafzimmern getrennt. Die zwei Richtung Tal öffnen sich durch fast raumhohe Fenster bzw. einen Balkon, das dritte liegt höhlenartig im Berg. Außerdem gibt es hier unten zwei Bäder, ein großes für die Eltern, ein kleineres für die zwei inzwischen bereits erwachsenen Kinder.
Catharina Fineder war die Konzentration auf wenige pure Materialien wichtig. Die Böden und äußeren Wände im Wohnbereich wie in den Schlafzimmern sind aus Holz, genauso wie die Türen und inneren Fensterrahmen sowie die Verkleidung des offenen Dachstuhls. Die Wände sind dagegen weiß, die Fliesen, die im Vorraum, auf der Treppe sowie in den Bädern und WCs liegen, sind grau. So viel Zeit wie möglich, und das sind immerhin zehn bis zwölf Wochen pro Jahr, verbringen die Bauherren samt Katze im Bregenzerwald, der inzwischen zu ihrer zweiten Heimat geworden ist. Im Winter fahren sie gleich hinter dem Haus Ski. Im Sommer wandern sie, erkunden die Umgebung per Mountainbike oder schauen den Rehen zu, die oft bis zum Haus kommen. Ganz nah ist auch der Platz zum Golfen, der größten Leidenschaft des Hausherrn.
Daten & Fakten
Objekt Haus B, Hochlitten bei Riefensberg
Architektur Catharina Fineder Architektur, Feldkirch www.catharinafineder.com
Statik Markus Berkmann, Weiler-Simmerberg (D)
Fachplanung Bauphysik: Günter Meusburger, Schwarzenberg; Geologie: Geomac, Andelsbuch
Planung 6/2014–4/2015
Ausführung 3/2015–1/2016
Grundstücksgröße 702 m²
Nutzfläche 156 m², (zzgl. Keller)
Bauweise Untergeschoß im Hang in Ziegel und Beton, sonst Außenwände und Dach in Holz-(Riegelbauweise gedämmt). Innen Gipskarton und Fichtentäfer; Fassade: Vertikaler Schirm Fichte. Satteldach mit Ziegeln; dreifach verglaste Holz-Alu-Fenster; Heizung über Pelletsheizung des Nachbargebäudes
Besonderheit Dicht bebaute Umgebung wird im Inneren des Gebäudes ausgeblendet, als wäre rundum nur Natur. Außenräume in alle Richtungen; Wellnessbereich im Untergeschoß
Ausführung Baumeister: Häusler, Riefensberg; Zimmerer, Saunabau: Nenning, Hittisau; Fenster und Türen: Hirschbühl, Riefensberg; Heizung, Sanitär: Wolf, Doren; Elektro: Stefan Bilgeri, Sibratsgfäll; Küchen: Matt, Oberstaufen-Steibis(D); Parkett: Fink im Haus, Oberstaufen(D); Fliesen: Jams, Riefensberg; Vorhänge: Dick Schreinders, Enschede(NL); Ofen: Herbert Reisbacher, Immenstadt(D)
Energiekennwert 49 kwH/m² Jahr