Der neue Werkhof mit Bauamt im Schweizer Rorschacherberg zählt zu den
schönsten seiner Art. illiz architektur setzten ihn mit schlichter Raffinesse in den Hang.
Die Technik steckt im Sockel, darüber gruppieren sich Fahrzeughalle und Bürotrakt

L-förmig um die Rangierfläche mit Müllmulden, Salzsilo usw. Eine lichtdurchlässige Polycarbonatfassade
sorgt in der Fahrzeughalle für gleichmäßige natürliche
Belichtung.
Der schmale Bürotrakt ist mit lasierter Lärche verkleidet und bietet

einen tollen Blick auf den Bodensee.

Autorin: Isabella Marboe | Fotos: Cornelia Hefel, Roger Frei

Werkhöfe sind unverzichtbar für den Alltag einer Gemeinde. Zu ihren Aufgaben zählen die Entsorgung von Abfall, Straßenreinigung und Schneeräumung. Sabrina Mehlan, Petra Meng und Stefanie Wögrath von illiz architektur gewannen den Wettbewerb für den Werkhof in der Gemeinde Rorschacherberg. Ihr außergewöhnlich eleganter Entwurf wurde in Schweizer Präzision umgesetzt. Dieser Werkhof zählt sicher zu den schönsten seiner Gattung.

„Wir realisieren oft sehr spezielle Projekte“, sagt Stefanie Wögrath. „Der Recyclinghof hat einen hohen Publikumsverkehr, viele Leute kommen mit ihrem Altglas und anderem Abfall hin.“ Er liegt nicht irgendwo versteckt im Ort, sondern etwas oberhalb der Kreuzung von Heidener- und Hüttenmoosstraße schräg über der Feuerwehr. Auch sie wurde von illiz architektur als schwarzer, schlichter Baukörper neugestaltet. Einige Feuerwehrleute arbeiten auch im Werkhof. Sein direktes Gegenüber ist die Schule, etwas höher entstehen Wohnbauten, darunter liegt das Altersheim.

Die größte Herausforderung war, die Abläufe des Werkhofs im Hang effizient zu organisieren und stimmig in die umgebende Wohn- und Schulbebauung zu setzen. illiz architektur gruppierten Fahrzeughalle und Bürotrakt L-förmig um die Rangierfläche mit dem Außenwaschplatz bei der Einfahrt, Baumaterialien, Abfallmulden, dem Salzsilo, das 75 Tonnen wiegt, am oberen Rand des Grundstücks. „Wir sind eine Sammelstelle für Mist aller Art. Plastik, Bauschutt, pflanzliche Öle, Batterien, Glas, Farben, Alu, Eisen – alles muss sortiert weitertransportiert werden“, sagt Rolf Grünenfelder, Leiter des Werkhofs und Feuerwehrmann. An die 12 m3 Bauschutt und 2-3 Tonnen Eisen fallen pro Monat an. Sieben Männer arbeiten hier, sie sind auch für die Wartung von Wasserleitungen, Straßen, Wegen, Grünflächen und Spielplätzen der 8000-Einwohner-Gemeinde zuständig.

„Ich bin sehr zufrieden mit meinem Arbeitsplatz. Zwischen diesem Bau und dem,
was wir vorher hatten, liegen Welten. Wir haben eine schöne Infrastruktur bekommen, wo wir zielgerichtet arbeiten können.“

Rolf Grünenfelder
Leiter des Werkhofs

Haustechnik, Elektronik, Brennstofflager, Wertstoffsammelstelle sind im Sockel gebündelt. Er ist mit einer gedämmten Lärchenholzfassade verkleidet, ebenso wie der Riegel, in dem sich Büros, Spinde, Umkleiden und kleinere Werkstätten der Belegschaft befinden. Das ist sehr wertig und von der Fahrzeughalle sofort zu unterscheiden. „Er ist ein Industriebau – deshalb wählten wir Polycarbonat als Material“, sagt Wögrath. Polycarbonat für die Maschinen, Holz für die Menschen.

Die Fahrzeughalle mit Schlossereiwerkstatt und Waschbox schließt niveaugleich an die dahinter- und darüberliegende Rangierfläche an. Ihre lichtdurchlässige Polycarbonatfassade sorgt für mildes, leicht diffuses Licht von zwei Seiten und macht schemenhaft die innere Betriebsamkeit spürbar. Die Halle ist knapp 29 Meter lang, 16 Meter breit und 4,48 Meter hoch, tipptopp aufgeräumt, bis auf den Bereich des Hochregallagers stützenfrei und im Falttorformat – sechs Felder á 1,16 Meter bilden ein Tor von sieben Meter Breite – modular aufgeteilt. Auf rutschfestem, besenstrichgebürstetem Beton warten drei Schneeschleudern, ein Traktor, ein Stapler und ein Hakengerät auf ihren Einsatz. Es gibt eine Hebevorrichtung, eine Putzmaschine, eine Waschbox und am Dach eine Photovoltaikanlage. Die Fassade aus raumhohen Falttoren lässt sich komplett öffnen, dafür nimmt man einen Nachteil in Kauf: „Im Winter müssen wir zuerst Schnee wegschaufeln, bis wir losfahren können“, so Grünenfelder.

Die einläufige Sichtbetonstiege zum Eingang ist auch die Nahtstelle zwischen der Fahrzeughalle und dem sieben Meter schmalen, 31 Meter langen Büroriegel. Der Aufenthaltsraum, wo alle Besprechungen stattfinden, und alle Pause machen, hat ein riesiges Panoramafenster mit Traumblick über den Ort und den Bodensee. Es reicht bis zum Boden – das schafft einen weiten Horizont. Der Raum ist – wie die Halle – 4,48 Meter hoch und hat perfekt geschalte Wände aus Sichtbeton. Im Osten sorgt die Polycarbonatfassade vor dem Fenster für mildes, diffuses Licht. Auf ihrer Brüstung stehen Blumen, an die südseitige Rückwand schmiegt sich eine Küchenzeile, sieben Stufen höher ist das Chefbüro, WC-Anlagen und Spinde markieren den Übergang zu Werkstätten und Lager. „Ich bin sehr zufrieden mit meinem Arbeitsplatz“, sagt Grünenfelder. „Ich habe ein schönes Büro, genug Maschinen zur Verfügung und ein tolles Team. Zwischen diesem Bau und dem, was wir vorher hatten, liegen Welten!“ Außerdem: „Die Architektur kommt bei der Bevölkerung sehr gut an.“

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Werkhof Rorschacherberg
Bauherr Gemeinde Rorschacherberg
Architektur illiz architektur, Zürich (CH), www.illiz.eu
Statik Wälli, Arbon www.waelli.ch
Fachplanung Heizung, Lüftung, Sanitär: Vadea, St. Gallen; Elektro: Projekt, Heerbrugg; Bauphysik Braune Roth, St. Gallen; Landschaft: PR, Arbon; Straße: RKL Emch+Berger, Altenrhein; Elektro: IBG, St. Gallen
Planung 01/2015–04/2018
Ausführung 04/2018–08/2019
Grundstücksgröße 3005 m²
Nutzfläche 789 m²
Bauweise Mischbauweise: Massivbau Beton und Leichtbau
Besonderheiten Raumhohe Falttore, über die gesamte Länge öffenbar
Ausführung Baumeister: Morscher, St. Gallen; Dach: Carl Franke, Rorschach; Heizung: E3 HLK, St. Gallen; Sanitär: Metzler, Goldach; Elektro: Engler, Rorschach
Baukosten 6,2 Mill. Euro