Über 200 Jahre war das Bauernhaus auf der Hangkuppe in Batschuns gestanden, oft hatte man es geflickt, nun war es nicht mehr zu retten. Wenn schon neu bauen, dann bitte umweltschonend, barriererfrei und nachverdichten! Architektin Catharina Fineder plante den energieeffizienten Ersatzneubau in Pfosten-Riegelbauweise, in dem drei sehr schöne, helle Wohnungen mit Terrasse oder Balkon Platz finden. Auf jeder Ebene eine, ohne dass das Haus den Maßstab der Umgebung sprengt. Chapeau!

Text: Isabella Marboe | Fotos: Petra Rainer

Das Haus liegt an einer Straßengabelung auf einer Hangkuppe: Man betritt es im Osten an seiner Längsfront, wo die Schmalzgasse verläuft. Im Süden schneidet die Furxstraße das Grundstück trapezförmig zu. Die Gegend ist immer noch sehr ländlich, obwohl es viel Zuzug gibt. Im Osten hat der Bauherr die Weiden der Alpe Furx vor sich, im Westen bilden die Gipfel der drei Schwestern und des Hohen Karsten den Horizont. „Das ist unser Schönwetterblick“, lacht er. Früher stand hier ein Bauernhaus mit Stall, das um 1800 errichtet worden war. Ständig flickte man daran herum, die Mutter bewohnte es noch, doch die Decken hingen durch, die Fenster waren undicht und die Eternitschindeln der Fassade längst nicht mehr weiß. Am Neubau führte kein Weg vorbei, wenn schon, dann aber bitte gleich nachverdichten, barrierefrei – für die Mama – und so umweltbewusst wie möglich. Drei Wohnungen wünschte sich der Bauherr.

„Für mich war die Lage des Grundstücks spannend, es ist sehr exponiert“, sagt Architektin Catharina Fineder. „Außerdem plane ich selten ein Dreifamilienhaus.“ Ihr Ersatzneubau wahrt im Prinzip den Zuschnitt des Altbaus und ist nur etwa einen halben Meter höher. Fineder stellte das gesamte Haus auf das ebene Podest der Kellerdecke, dadurch ist es barrierefrei, schob es etwas nordwärts zum Stadel hin und drehte die Giebelrichtung.

„Ich mache sehr viele Versionen und probiere unterschiedlichste Dinge aus, zwinge aber sicher niemandem etwas auf. Planen bedeutet für mich Zusammenarbeit.“

Catharina Fineder
Architektin

Nun verläuft der First des leicht geneigten Satteldachs von Westen nach Osten. Dort ist dem rechteckigen Grundriss von etwa 17 mal 10 Metern über die gesamte Breite ein Balkon vorgelagert, der sich am südöstlichen Hauseck zur knapp drei Meter tiefen Nische verbreitert. Genug Platz für einen Tisch und Stühle. Das Haus ist wie mit einer Borte vom Dachvorstand und den vorgezogenen Seitenwänden eingerahmt, an diesem Eck aber gibt es nur eine Stütze. So hat man von zwei Seiten Sonne und freie Sicht über den Schönwetterblick. Eine raumhohe Glasfassade mit breiter Schiebetür sorgt für einen nahtlosen Übergang von der Wohnküche zu diesem witterungsgeschützten Freibereich.

Fineder sucht immer die beste Lösung, scheut dabei keine Mühe. „Ich mache sehr viele Versionen und probiere unterschiedlichste Dinge aus, zwinge aber sicher niemandem etwas auf.“ Planen bedeutet für sie Zusammenarbeit, deshalb hat sich der Bauherr für sie entschieden. „Man kann Catharina etwas vorschlagen und sie zeichnet dann eine Variante. Das Haus ist sehr energieeffizient: es hat Erdwärmesonden, kontrollierte Be- und Entlüftung und Photovoltaik. Deren Paneele sind nicht nur am Dach, die Architektin integrierte sie auch sehr dezent als Feld zwischen den Fenstern in die Fassade. Lift gibt es keinen, das ist Fitness im Alltag und gut für die Umwelt. Stiegenhäuser sind immer eine gestalterische Aufgabe. Fineder hatte dafür nur sehr wenig Platz. Sie legte eine einläufige Treppe an die Nordfassade, ein Fenster im Osten aber sorgt für natürliches Licht und einen schönen Ausblick, die Geländersteher sind bis zur obersten Brüstung über die gesamte Höhe geführt. Sie wirken gleichermaßen als transluzente Wand zum Gang, der auf jeder Ebene je eine Wohnung erschließt.

Das Haus ist eine Pfosten-Riegel-Konstruktion aus Holz mit Mineralwolledämmung, die Fassade aus vorvergrauten Lärchenschindeln ist sehr elegant und passt doch zur ländlichen Umgebung. „Ich wollte aber nicht, dass das Haus wie ein Stadel ausschaut“, sagt Fineder. Das Rheintal ist nämlich auch sehr urban. Deshalb ist das Erdgeschoß als eine Art Sockel artikuliert: Das Vordach der Eingangstür ist wie eine Klammer über Fahrradabstellraum und Carport weitergeführt. „Fast alle, die vorbeilaufen sagen, wie schön das Haus ist. Mit so einem Feedback hatte ich in hundert Jahren nicht gerechnet“, erzählt der Bauherr begeistert. Fineder ist sehr erfahren in der Planung von Ein- und Mehrfamilienhäusern, vor allem aber auch im Umbau ebendieser. Sie weiß genau um die Wichtigkeit von Details: In die Garderobe ist eine Bank integriert und die Kochinsel steht genau so, dass sowohl der Esstisch davor und die Sitzecke dahinter genug Raum haben. Oben unterm Dach wohnt eine sehr kosmopolitische Frau. „Ich ziehe da nicht mehr weg“, sagt sie. „Jeden Abend drehe ich alle Lichter ab, schaue übers Rheintal und fühle tiefe Dankbarkeit.“

Daten und Fakten

Objekt: MFH Rheinberger
Bauherr: Monika und Stephan Rheinberger
Architektur: Catharina Fineder Architektur, Feldkirch, www.catharinafineder.com
Statik: Fa. Sohm Holzbau, Alberschwende, www.sohm-holzbau.at
Fachplanung: Bauphysik: Seewald, Götzis; Elektro: Dorfelektriker, Götzis; HSL Planung: Dorfinstallateur, Götzis
Planung: 04/21–04/22
Ausführung: 04/22–04/23
Grundstück: 740 m² , Nutzfläche: 313 m², Keller 72 m²
Ausführende: Baumeister: Hilti & Jehle, Feldkirch; Zimmerer + GU: Sohm Holzbau, Alberschwende; Dachdecker und Spengler: Entner Rankweil; Fenster: Böhler Wolfurt; Innenausbau: Sohm Holzbau;
Böden: Rene Bechtold, Weiler; Heizung/Lüftung/Sanitär/PV: Dorfinstallateur, Götzis; Elektro: Dorfelektri-ker, Götzis; Garten: Maschinenring; Tischler: Alfred Feuerstein Bludenz, Küchenwerkstatt Götzis; Fliesenleger: Marco Maier Batschuns, Sonnen- und Insektenschutz: Stampfl Göfis
Technische Daten: Energieverbrauch: 37,9 kWh/m²/a
Kosten: ca. 1,5 Mill. Euro