Heller Klinker, schattenspendende Holzlamellen,
viel Raum, viel Licht und Liebe –
die spanischen Architekten Gloria Ochoa und Victor Olmos
haben für eine sechsköpfige Familie eine Villa
im liechtensteinischen Ort Schaan realisiert.

Text: Verena Konrad | Fotos: Petra Rainer

In einem von großen Wohnbauten geprägten Siedlungsteil von Schaan haben die spanischen Architekten Gloria Ochoa und Victor Olmos eine Villa gepflanzt. Für die Familie, die dieses Haus nun bewohnt, ist es nicht die erste Bleibe in Liechtenstein, wohl aber der erste Neubau. Vor vielen Jahren aus beruflichen Gründen hierhergezogen, ist die Gemeinde Schaan zur Heimat geworden. Vier Kinder wurden geboren. Wohnraum war immer ein Thema. Der Wunsch nach etwas Eigenem ebenso. Das Umfeld des Hauses ist dicht bebaut. Einfamilienhäuser in unterschiedlichen Größen, Alt und Neu, Wohnanlagen aus mehreren Jahrzehnten. Dazwischen verkehrsberuhigte Straßen, unweit die großen Schau- und Arbeitsplätze der Industrie. In Schaan ist Land und Stadt, Liechtenstein und die Welt, lokale Tradition und internationale Vernetzung spürbar vereint.

So reiht sich dieses Haus nun in eine Häuserzeile im grenznahen Ort ein und fügt der Siedlung etwas Neues hinzu: ein bisschen spanische Grandeza und eine wohltuende Geste der Offenheit. Die sechsköpfige Familie belebt das Haus nun seit Ende 2019, wohnhaft in Liechtenstein ist die Familie schon sehr lange und hat sich trotz Pandemie schnell im neuen Umfeld eingelebt. „Wir schätzen diese Offenheit, laden gerne Freunde ein – und auch Nachbarn – und wollten mit dem Haus nicht nur für uns ein neues Zuhause schaffen, sondern auch ein architektonisch anspruchsvolles Gebäude errichten“, sagt die Bauherrin. Dabei spielt Licht eine wichtige Rolle. Nicht nur im Inneren, das durch die vielen großen Fensteröffnungen und das helle Material so positiv wirkt, sondern auch nach außen, denn das warme Innenlicht strahlt am frühen Abend unseres Besuches behaglich und weit sichtbar ins sonst ein wenig graue und gestalterisch durchwachsene Umfeld.

Innenhöfe als räumliche Gesten des Übergangs bedeuten in der spanischen Architektur viel. Eine zweigeschoßige Ebene und die Weiterführung des Klinkers ins Hausinnere muten auch hier wie ein Hof an, der zu einer kleinen Bibliothek führt, die wiederum den Weg ins Wohnzimmer säumt. Eine wie selbstverständlich wirkende räumliche Verschränkung gibt es auch im Obergeschoß durch die horizontale Achse der Balkone, die mit schattenspendenden Holzlamellen versehen sind. „Mit der Klimaveränderung ist dieser Ansatz, der im Süden Europas Tradition hat, auch für Häuser in unseren Breitengraden interessant“, erläutert Gloria Ochoa. „In Spanien versuchen wir, dem Wunsch nach Schatten und angenehmer Temperatur mit dem Sozialen zu verbinden, mit einer räumlichen Qualität, die den Aufenthalt an einem Ort interessant macht.“ So ist die Ausrichtung des Hauses dem Siedlungsgefüge angepasst, aber auch der Sonneneinwirkung und den
grandiosen Ausblicken in die Bergwelt Liechtensteins.

„In Spanien versuchen wir, den Wunsch nach einem angenehmen Wohnklima mit
dem Sozialen und Kommunikativen zu verbinden.“

Gloria Ochoa
Architektin

Besonders ist dieses Haus durch seine Bewohner(innen), durch eine Familie mit zwei Töchtern und zwei Söhnen. „Es ist dadurch sehr lebendig und wir haben für uns geklärt, wo dieses Leben wie stattfinden soll, denn wir sind auch mit Schule und Beruf gefordert und jede(r) braucht einmal einen Rückzugsort.“ Das Erdgeschoß ist offengehalten, die Zonen gehen fließend ineinander über. Im Obergeschoß teilen sich drei der Geschwister eine kleine „Wohnung“. Über eine Brücke geht es in den Elternbereich und ein weiteres Kinderzimmer. Hauswirtschaftliche Funktionen sind den Nutzräumen vorgeschaltet. „Es ist alles funktional sehr aufgeräumt“, sagt die Bauherrin dazu. „Je komplexer der Alltag ist, desto wichtiger ist eine gute, unterstützende Struktur.“

Was sie am Haus besonders schätzt und am Entwurf der Architekten? „Die Mischung aus Funktionalität und Atmosphäre, die Großzügigkeit und Gelassenheit, die das Haus für uns ausstrahlt und der freundschaftliche Umgang im Planungsprozess.“ Den Ton getroffen haben die Architektin und der Architekt auch mit der Wahl des Baumaterials. Der Klinker zieht sich elegant in den Innenraum weiter, verbindet Innen und Außen zu einem gemeinsamen Ganzen und strahlt zudem hell und freundlich. Nein, Ziegel müssen nicht immer rot sein. Vor allem aber sollten große Häuser, wenn schon groß und so prägend für ihr Umfeld, auch schön sein.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten und Fakten

Objekt Haus Reithner, Schaan
Bauherr Eva und Nicolas Reithner
Architektur olmos ochoa architekten; Gloria Ochoa und Víctor Olmos, Feldkirch, www.olmosochoa.com
Statik Harald Denifle, Schaan, www.denifle.li
Statik M+G Ingenieure, Feldkirch
Bauleitung Michael Kirzinger, Schaan und Gloria Ochoa
Planung 2016-2017
Ausführung 2017-2019
Grundstück 1140 m²
Nutzfläche 477 m² (inkl. Keller)
Bauweise Konstruktion Backstein und Beton, gedämmt mit Mineralwolle; Fassade Klinker vor Lüftungskammer; Innenwände zum Teil Klinker; Heizung: Erdwärme mit Photovoltaik
Ausführung Betonelemente: Steenfelder, Westoverledingen (D); Fenster: Böhler, Wolfurt; Küche: K10design, Frastanz; Schreiner: Hartmann, Schlins; Boden: Farbraum, Schaan; Terrazzo: WALO, Chur; Holz-boden: Jürgen Konrad, Vaduz; Sonnenschutz: Triet, Buchs