Fischer Schmieder Architekten haben im Auftrag
der Alpenländischen Heimstätte in Braz
vier Häuser mit insgesamt 24 Wohnungen
in eine bisher grüne Wiese gesetzt.

Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Cornelia Hefel

Der Plan der Alpenländischen Heimstätte, auf „ihre“ schöne freie Wiese am Hang direkt hinter dem Kindergarten, der Volksschule und dem öffentlichen Kinderspielplatz vier Häuser zu stellen, gefiel im Vorfeld so mancher Brazerin und manchem Brazer überhaupt nicht. Besonders nicht den Bewohner(inne)n der ihre Idylle in Gefahr sehenden Einfamilienhäuser rundum. Viele Vorurteile in Sachen sozialer Wohnbau waren hier mit im Spiel, die diffuse Angst vor Zugezogenen, die man nicht kennt, aber auch einer Zunahme des Verkehrs durch die neu zu bauende Zufahrtsstraße zur Wohnanlage mit ihren acht Zwei- und 16 Dreizimmerwohnungen.

Die vier Zweigeschoßer wurden auf Basis eines vom Gestaltungsbeirat der Stadt Bludenz begleiteten Bebauungsplans am Rand eines bisher unberührten, mehr als 4000 Quadratmeter großen, als Mischgebiet ausgewiesenen Hanggrundstücks errichtet. Erschlossen von Nordwesten her durch eine kleine Privatstraße, die direkt in der für alle vier Häuser gemeinsamen Tiefgarage mündet. Parkplätze im Freien gibt es dagegen ganze sechs, wodurch das gesamte Areal zur fast autofreien Zone mit fast parkähnlichem Charakter wird. Ein Eindruck, der nicht zuletzt auch der Tatsache geschuldet ist, dass es für die Erdgeschoßwohnungen keine exklusiven Privatbereiche gibt, sondern der gesamte Außenbereich frei von Zäunen und Barrieren jeder Art für alle Bewohner(innen) da ist.

Maßstäblichkeit in einem umfassenden Sinn war für die mit der Planung beauftragten Fischer Schmieder Architekten das Gebot der Stunde. Eine möglichst logische Einbettung der vier Häuser in den natürlichen Geländeverlauf, gestaltet in einer Architektur, die sich nicht zuletzt durch ihre Satteldächer bzw. die vertikale Verschalung der Fassaden mit – leider – vorvergrautem Holz an die dörfliche Siedlungsstruktur anlehnt. Um sich durch ihre klare formale Zeichensetzung allerdings nie anzubiedern, sondern aufzuzeigen, auf welch hohem Niveau sozialer Wohnbau daherkommen kann. Wo man sich durchaus vorstellen könnte, selbst zu wohnen, wie Gerd Fischer sagt. Was als ganz großes Lob für die Alpenländische Heimstätte als Bauträger zu verstehen ist, deren Kooperationsbereitschaft auf Augenhöhe, ihrem Engagement in Sachen Baukultur.

Dass diesbezüglich so manche dem engen finanziellen Korsett geschuldete Konzession unvermeidbar ist, ist für Gerd Fischer logisch. Etwa, dass die vier Baukörper aus Stahlbeton und nicht aus Holz gebaut worden sind genauso wie ihre schnörkellos vordachlosen Dächer aus Bitumen anstatt aus dem von den Architekten favorisierten Blech. Und auch die großen Leerräume unter den Satteldächern bleiben – bisher jedenfalls – aus ökonomischen Gründen unausgebaut. Bei den Fassaden allerdings fanden Fischer Schmieder Architekten doch eine Möglichkeit, das Ensemble ein wenig mehr baukünstlerisch zu gestalten. Als subtiles grafisches Spiel der horizontal gesetzten Fugen der vertikalen hölzernen Verlattung mit den Fenstern bzw. Balkonen, die die Baukörper horizontal skulptural durchpulsen.

„In einem sozialen Wohnbau wie
diesem könnte ich mir durchaus vorstellen,
selbst zu wohnen.“

Gerd Fischer
Architekt

Die Tiefgarage mit ihren 20 Stell- bzw. Abstellplätzen für Autos und Fahrräder genauso wie die Keller- und Technikräume sind unter die zwei nördlich gelegenen Häuser geschoben, zu denen leicht versetzt hangabwärts die zwei weiteren so in der Landschaft positioniert wurden, dass sie wie aus diesen herauszuwachsen scheinen. Die Hauseingänge mit ihren markant verglasten oberen Bereichen sind doppelgeschoßig in die teilweise behindertengerecht ausgestatteten Baukörper hineingeschnitten. Jede der Wohnungen – zwei Zwei- bzw. vier Dreizimmerwohnungen in jedem Haus – besitzt einen großzügig dimensionierten, zur Wohnung hin raumhoch verglasten Balkon inklusive reizvoller Ausblicke in die nähere und weitere Umgebung. Die Grundrisse der Einheiten sind funktionell geschnitten. Die Wohnbereiche inklusive Küche sind großzügig offen angelegt, die Foyers, Schlaf- und Kinderzimmer klein. Die Bäder sind weiß verfliest, die Böden der per Pellets zentral beheizten Wohnungen sind mit Eichenparkett belegt. Die Treppen der Stiegenhäuser mit ihren geschliffenen Estrichböden sind aus Beton, ihre schlichten Geländer aus verzinktem Stahl.

Eine Baukulturgeschichte von
vai Vorarlberger Architektur Institut
Das vai ist die Plattform für Architektur, Raum und Gestaltung in Vorarlberg. Neben Ausstellungen und Veranstaltungen bietet das vai monatlich öffentliche Führungen zu privaten, kommunalen und gewerblichen Bauten. Mehr unter Architektur vor Ort auf www.v-a-i.at

Daten & Fakten

Objekt Wohnanlage V144, Bludenz Außerbraz
Bauherr Alpenländische Gemeinnützige Wohnbau GmbH, Feldkirch
Architektur Fischer Schmieder Architekten, Feldkirch, www.fischer-schmieder.at
Statik Mader + Flatz, Bregenz
Fachplanung Bauphysik: Bernhard Weithas, Lauterach
Planung 1/2014–12/2016
Ausführung 11/2015–2/2017
Grundstücksgröße 4160 m²
Nutzfläche 1719 m² (zzgl. 825 m² Keller und Tiefgarage)
Bauweise Massivbau mit hinterlüfteter Holzfassade
Ausführung Generalunternehmer: Dobler Hochbau, Röthis; Elektro: Mittelberger, Götzis; Heizung, Lüftung, Sanitär: Dorf-Installationstechnik, Götzis
Energiekennwert 27,43 kWh/m² im Jahr (HWB)
Baukosten 4,8 Mill. Euro