Wohnmöbel mit Schopf
Dass das Haus von Benedikt Kaufmann ein von seinem Vater Hermann
geplantes Holzhaus werden wird, war keine Frage.
Gebaut mit viel Eigenleistung auf einem
von der Gemeinde Lingenau geförderten Grund.
Autorin: Edith Schlocker | Fotos: Stefan Hauer
Benedikt Kaufmann ist zwar ein Spross der legendären Bregenzerwälder Dynastie der aus Holz bauenden oder in Holz entwerfenden Kaufmanns, er selbst ist allerdings Lehrer. Dass er sich das Haus, das er in Lingenau für sich, seine Frau und ihre zwei Buben gebaut hat, von seinem Architektenvater Hermann Kaufmann hat entwerfen lassen, war keine Frage. Gebaut auf einem von der Gemeinde zu leistbarem Bauland umgewidmeten landwirtschaftlichen Grund, der für zehn junge Familien reserviert ist.
Die Entscheidung, nach Lingenau zu ziehen, sei exakt die richtige gewesen, sagt der in Wolfurt aufgewachsene Benedikt Kaufmann. Nicht zuletzt auch deshalb, weil seine Frau Elisabeth in der unmittelbaren Nachbarschaft aufgewachsen ist. Dass das Haus ein aus Holz bebautes werden wird, war von Planungsbeginn an klar. Kenne er doch nichts anderes, sagt der selbst in einem Holzhaus aufgewachsene junge Bauherr. Errichtet wurde der auf einem betonierten Sockel stehende Baukörper in nur vier Tagen zum größten Teil aus in der Firma des Onkels vorgefertigten, perfekt hinterlüfteten und ökologisch einwandfrei gedämmten Elementen. Um letztlich wie ein riesiges Möbel zum Bewohnen daherzukommen. So überzeugend aus einem Guss erscheint das aus der abfallenden Topografie heraus entwickelte Haus.
Bei dessen Realisierung die ganze Familie mitgeholfen hat, in der es praktischerweise Gewerken fast jeder Sparte gibt. Den Boden hat Benedikt Kaufmann selbst gelegt und auch das Satteldach hat er mit schwarzen Tonziegeln gedeckt, die Decken und Wände eigenhändig getäfelt. Mit einem Ergebnis, mit dem sogar Elisabeth Kaufmanns Vater, seines Zeichens Tischler und Stiegenbauer, zufrieden ist. Allerdings nur durch das hohe Maß an Eigenleistung sei das Haus für ihn und seine Frau, die ebenfalls Lehrerin ist, finanziell zu stemmen gewesen, sagt der junge Familienvater.
„Ohne ein hohes Maß an Eigenleistung
wäre das Haus für uns finanziell nicht zu stemmen gewesen.“
Benedikt Kaufmann
Bauherr
Bequeme, auf zwei Ebenen ausgebreitete 148 Quadratmeter Wohnfläche sind auf diese Weise entstanden. Erschlossen von der oberen aus, in der gewohnt, während in der unteren geschlafen wird. Der rund 50 Quadratmeter große Wohnraum ist klar zoniert in Bereiche, in denen gekocht, an einem großen Tisch samt Eckbank gegessen wird oder neben Bücherregalen eine bequeme Sitzlandschaft steht. Als Raumteiler fungiert ein aus hellen Schamottsteinen gebauter Ofen, der mit Holz beheizt wird. Er liefert per Wärmetauscher die gesamte Energie, die zum Beheizen der Fußböden wie auch des Brauchwassers benötigt wird. Eine kleine Solaranlage gleicht eventuelle Defizite aus.
Vom Wohnzimmer aus geht es auf eine große, mit Holz beplankte Südterrasse, die der einzige ebene Platz im Außenraum ist, möglich gemacht durch eine parallel zum Hang gestellte Stützmauer aus Beton. Durchlässig wird das Haus durch große, raumhohe oder zu langen Bändern zusammengefasste Fenster, deren einzige Barriere zum Außen Richtung Süden ein außenliegender Sonnen- bzw. Sichtschutz ist.
Die Konstruktion des Hauses ist ebenso einfach wie im Detail auf selbstverständliche Weise raffiniert. Stauräume werden zu unsichtbaren Teilen der hölzernen Wände, aus denen die Möbel wie differenzierte Organe herauszuwachsen scheinen. Um ein Allzuviel an Weißtanne zu vermeiden, ist die Küche weiß mit einer Arbeitsplatte aus Edelstahl. Neben einem Gäste-WC, einer Garderobe und einem Wirtschaftsraum gibt es auf dieser Ebene noch ein kleines Büro. Über eine Stiege geht es hinunter zu den zwei Kinderzimmern und dem Schlafzimmer mit jeweils direktem Ausgang ins Freie. Verschließbar durch fein vertikal geschlitzte Schiebeläden. Im Bad liegt ein Holzboden, statt Fliesen gibt es weiße Kunstharzplatten.
Außen ist das Haus von Elisabeth und Benedikt Kaufmann mit vertikal sich überlappenden Fichtenlatten verschalt. Nicht fehlen darf auch in einem neuen Bregenzerwälderhaus offensichtlich ein in die Kubatur hineingezogener Schopf für die wettersichere Lagerung des Holzes. Einen Carport gibt es bis jetzt nicht, ein solcher ist allerdings in Planung.
Daten & Fakten
Objekt Haus Kaufmann, Lingenau
Bauherren Elisabeth und Benedikt Kaufmann
Architektur Hermann Kaufmann + Partner ZT, Schwarzach, www.hkarchitekten.at
Statik Merz Kley Partner, Dornbirn, www.mkp-ing.com
Planung 8/2016–6/2017
Ausführung 6/2017–4/2018
Grundstücksgröße 708 m²
Nutzfläche 148 m² (zzgl. Keller 13 m²)
Bauweise Hangverbauung + Keller Stahlbeton; Holzrahmenbau mit Holzbalkendecke; Fassade: Stülpschalung Fichte; Holzfaserdämmung; Kaltdach mit Ziegeldeckung; Heizung mit Grundofen unterstützt durch Solaranlage über Fußböden; Innenwände und Decken: Weißtanne; Böden: Kernesche; Fenster: Weißtanne geölt
Besonderheiten Wände, Fußböden, Innentüren und Esszimmermöbel unbehandelt; Ausführung: mit großem Anteil Eigenarbeit
Ausführung Baumeister: Sohler, Lingenau; Zimmerer: Kaufmann, Reuthe; Tischler: Geser, Andelsbuch; Fenster: Böhler, Wolfurt; Böden: Moosbrugger, Au; Ofen: Thomas Schlitzer, Hittisau; Elektro: Willi, Andelsbuch; Installation: Bernd Langer, Wolfurt
Energiekennwert 48 kWh/m² im Jahr