Der neue Campingplatz in Dornbirn
sieht sich als Teil der Stadt.
Mit Nutzungen, die öffentlich zugänglich sind
und einem starken öffentlichen Angebot,
das auch den Betrieb der Einrichtung selbst stützt.

Autorinnen: Lili und Verena Konrad | Fotos: Petra Rainer

Sachen zusammenpacken, losfahren, abschalten. Campingfans schätzen die Unabhängigkeit dieser Urlaubs- und Reiseform. Sie suchen Einfachheit, auch ein günstiges Urlaubsmodell, etwas Unkompliziertes und meist auch Naturnähe. Angestammte Campingplätze sind ein wenig das Dazwischen. Infrastruktur ja, aber minimal. Konventionen ja, aber andere. Dornbirn hat seit wenigen Wochen einen neuen Campingplatz. Gelegen in der Enz, am Fuße des Berges Karren, ist er an der Grenze der dichten Besiedelung und des beginnenden Naherholungsraumes und zehrt aus dieser Kombination, in dem er das Beste aus beiden Szenarien nützt.

Halböffentliche Zone Das Restaurant ist auch für Gäste ohne Campingambition zugänglich.

Die Stadt Dornbirn setzt bei allen Aktivitäten auf gute Baukultur. Das ist auch richtig im Sinn der Öffentlichkeit, die sich diese Aufmerksamkeit und Achtsamkeit im Umgang mit Grund und Boden, mit neu errichteter Bausubstanz und semiöffentlichen Räumen erwarten darf. Einen ausgeschriebenen Architekturwettbewerb gewann Johannes Kaufmann mit seinem Team. Der bekannte Holzbaumeister überzeugte mit dem, was er „konstruktive Ehrlichkeit“ nennt. Einer bodenständigen Architektur, die sensibel auf den Bestand eingeht. „Zu Beginn war hier ein 4-Sterne-Campingplatz geplant, doch dieser Ansatz hatte einige Tücken und war zudem teuer durch viele Auflagen. „Unser Ziel war es Grundbedürfnisse bestens abzudecken. Nun setzen wir auf gute Bewertungen durch gute Gestaltung und guten Service statt auf Sterne.“, sagt Geschäftsführer Herbert Kaufmann.

Durch die Platzierung der Baukörper wurde ein vielseitig nutzbarer Platz geschaffen.
Der Erhalt des alten Baumbestandes hatte Prioriät: Diese Qualität sollte unbedingt erhalten bleiben.
Im Schatten alter Bäume entstand in Dornbirn ein neuer Campingplatz.

Das Schönste und auch Wertvollste an diesem Platz ist neben der günstigen Lage der alte Baumbestand. „Wir haben hier einen nassen Platz vorgefunden, den trockenzulegen nicht nur sehr viel gekostet hätte, wir hätten dafür auch den Baumbestand opfern müssen. Das galt es zu vermeiden“, erzählt Johannes Kaufmann. „Es wäre einfach widersinnig gewesen, einerseits Naturnähe zu verkaufen und dann das Gewachsene nicht zu achten. Die Bäume haben hier aber nicht nur Eigenwert. Sie spenden auch Schatten, erzeugen ein angenehmes Klima, auch sozial, denn sie vermitteln das, was Menschen in der Natur suchen – Verlangsamung, Ruhe, Ausgeglichenheit.“

Das Wirtschaftsgebäude ist zentrale Versorgungsstelle ...
... für Sanitärräume, zum Wäschewaschen und Geschirrspülen.

Das Umdenken war auch verbunden mit einer umsichtigen Standort-analyse. Wozu ein Schwimmbad, wenn das öffentliche Waldbad so nahe ist? Ebenso nahe sind ist die Ach als Naherholungsraum, die Seilbahn auf den Karren, ein Kinderspielplatz. Mit dem Bus sind es 4 Minuten ins Stadtzentrum. Dort gibt es neben dem Stadtbad für Schlechtwettertage, Kultureinrichtungen, ein einladendes öffentliches Leben. „Es ging nicht darum, diese Funktionen an einem anderen Ort im Miniformat zu installieren, sondern den Platz gut in das öffentliche Leben zu integrieren, und umgekehrt!“ Der Gastronomiebetrieb am Campingplatz wurde an den Eingang des Platzes gesetzt. Er soll auch für die Bevölkerung und Gäste ohne Campingambitionen einladend und ein neues, ergänzendes Angebot im Quartier sein.

„Wir setzen bei allem, was wir tun,
auf konstruktive Ehrlichkeit. Es ist, was es ist.
Gut gemacht und so einfach wie möglich.“

Johannes Kaufmann
Johannes Kaufmann Architektur

Laubengänge rund um das Wirtschaftsgebäude dienen dem kommunikativen Aufenthalt und als minimaler Witterungsschutz.
Konstruktiv ehrlich. Nicht verstecken, die Bauweise sichtbar machen.
Klare und schöne Beschriftungen abseits von Sprachbarrieren sorgen für Orientierung.

„Unser Konzept ist sehr einfach. Wir akzeptieren den Bestand und ja, auch die Straße. Camper kommen meist selbst mit dem Auto. Dafür braucht es Straßen und wir haben den Lärm so gut es ging durch eine Mauer abgeschirmt, akzeptieren ihn sonst aber. Die Baukörper stehen so, dass wir den Baumbestand nicht angreifen mussten. Dazwischen spannt sich ein Platz auf.“ Ein dritter Baukörper existiert im Moment nur in Gedanken. „Es ist angedacht, hier noch ein Minihotel für Radtouristen zu integrieren. Kleine Zimmer – die Gäste können die Infrastruktur des Platzes mitnützen.“ Der Campingplatz selbst ist übersichtlich und bodenständig zugleich. Empfangen durch Rezeption und Restaurant sind hier ca. 120 Stellplätze angelegt. Das Wirtschaftsgebäude mit Waschräumen für Frauen, Männer und Familien, mit Räumen für Waschmaschine und Trockner, zum Wasserholen und Geschirrspülen ist einfach und zweckmäßig und schön. Es wurde auch auf Weglängen geachtet, gute Erschließungen. Laubengänge rund um das Wirtschaftsgebäude ermöglichen ein Verweilen und minimalen Schutz gegen Wind und Wetter.

Zur Straße hin gibt es eine Betonmauer: zum Schallschutz und funktional als Müllsammelstelle.

„Auf einem Campingplatz ist immer was los. Es gibt ein Ankommen und Abreisen, die Community lebt in diesem Dazwischen. Wir haben es so organisiert, dass Abstand möglich ist, aber auch Kontakt.“ Ein ehemaliger Schotterplatz wurde ebenso als Campingfläche zugänglich gemacht. „Hier gibt es daher auch weniger Bäume. Landschaftsplanerin Maria-Anna Schneider-Moosbrugger hat sich um die ökologisch ausgewogene Gestaltung dieser Fläche gekümmert. Und wir haben darauf geschaut, dass hier alles gut funktioniert und auf Akrobatik verzichtet. Was wir machen soll bodenständig sein und lange halten. Konstruktive Ehrlichkeit statt viel Tapete.“

Daten & Fakten

Objekt Camping Dornbirn

Bauherr Dornbirner Seilbahn AG,GF Herbert Kaufmann

Architektur Johannes Kaufmann Architektur, Dornbirn

Statik SED Beratende Ingenieure, Benno Kopf

Entwässerung/Tiefbau IB Andreas Landa, Dornbirn

Freiraumplanung LANDRISE Maria-Anna Schneider-Moosbrugger, Egg

HSL-Planung SED Beratende Ingenieure, Benno Kopf

Elektroplanung Ludwig Schneider, Egg

Wettbewerb 2016

Planung 2018

Ausführung Herbst 2018–6/2019

Nutzfläche Dach: 800 m², Bruttogeschoßfläche ohne Umgänge: 480 m²

Bauweise Betonplattenfundament, tragende Holzrahmenaußenwände mit Brettsperrholzdach, Konstruktion der Umgänge aus Leimbindern, Außenfassade aus Dornbirner Fichtenholz, Bitumendach mit Dachbegrünung und Solaranlage, Sanitärräume gefliest, Gastronomiebereich mit geschliffenem Estrich und Eschenholzverkleidungen, Abdeckung Restenergie mittels Biogas, Wärmeverteilung über Fußbodenheizung, Stampfbetonwand Nebengebäude

Ausführung Generalunternehmer: Fussenegger Holzbau, Dornbirn; Baumeister/Außenanlagen: Hilti & Jehle, Feldkirch; HSL-Installationen: Engel, Dornbirn; Elektroinstallationen: Walter Schönbeck, Dornbirn; Lüftungsinstallation: Dietrich Luft & Klima, Lauterach; Küchen- /Buffettechnik: FHE, Dornbirn; Tischlerarbeiten: JODO Lingenau

Erstlingswerk dieser Text entstand als Zusammenarbeit im Rahmen einer Aktion des Bundesgymnasiums Dornbirn, bei der Kinder ihre Eltern einen Tag lang zur Arbeit begleiten konnten.